Rz. 244

Von einer Arthrose spricht man, wenn eine chronische Erkrankung des Gelenks vorliegt durch Abnahme des Gelenkknorpels. Der Gelenkknorpel erneuert sich ab dem 18. Lebensjahr nicht mehr, da er keine Nerven hat. Wie bereits bei den Achsfehlstellungen erörtert, ist Hauptgrund der Arthrose eine Schiefhaltung des Körpers, wie sie bei Achsfehlstellungen der Fall ist, aber auch bei Verletzungen der Gelenkflächen anlässlich eines Bruchs, eines Knorpelschadens oder eines Bänderschadens. Von daher ist immer bei derartigen Verletzungen automatisch an die Folgen einer Arthrose zu denken.

 

Rz. 245

Eine Arthrose kann sich grundsätzlich in jedem Gelenk bilden. Häufig tritt sie jedoch beim Sprunggelenk auf, beim Knie und bei der Hüfte. Das Problem der Arthrose wird, wenn über eventuelle noch eintretende Dauerschäden geredet wird, seitens der Versicherer oftmals heruntergespielt. Je nachdem, wie schwer die Arthrose ist und welches Gelenk betroffen ist, kann es hierbei jedoch zu erheblichen Problemen kommen, die erhebliche Auswirkungen auf Beruf und Alltag haben.

 

Rz. 246

Bei einer beginnenden Arthrose kann es zunächst bei leichten Schmerzen verbleiben mit gewissen Funktionsbeeinträchtigungen der Gelenke. Es kann jedoch auch später eine Endoprothese erforderlich werden: ein künstliches Gelenk, wie dies häufig beim Knie und bei der Hüfte geschieht. Oder es wird zu einer Arthrodese kommen, welches das Endstadium einer Arthose ist, d.h. es kommt zu einer Gelenksversteifung, wie dies häufig beim Sprunggelenk, beim Ellenbogengelenk, beim Schultergelenk oder bei der Wirbelsäule der Fall ist.

 

Rz. 247

Sowohl die Endoprothese als auch die Arthrodese haben erhebliche Auswirkungen für den Beruf und für den Alltag. Das Thema Arthrose darf daher keinesfalls kleingeredet werden, denn wenn die Abfindungserklärung erst einmal vorbehaltlos unterzeichnet ist, kann später keine Erhöhung der Schadensersatzansprüche mehr gefordert werden, wenn diese Folgen, die durch die Arthrose ausgelöst werden, eintreten. Der Geschädigte kann dann zum Beispiel seinen Beruf nicht mehr ausüben, weil er eine Endoprothese bekommt oder eine Gelenksversteifung eintritt. Diesbezüglich ist daher auch mit Orthopäden, Unfallchirurgen, Physiotherapeuten und Orthopädietechnikern Rücksprache zu halten. In diesem Zusammenhang ist bei der Arthrose auch wichtig, dass diese nicht heilbar ist. Das heißt, man kann lediglich versuchen, den einsetzenden Prozess hinauszuzögern, sei es, dass durch den Physiotherapeuten Muskelaufbautraining betrieben wird oder andere physiotherapeutische Maßnahmen eingeleitet werden.

 

Rz. 248

Das Problem bei der Arthrose ist, dass die Geschädigten dann versuchen, zum Beispiel das andere Bein mehr zu belasten, um die Schmerzen zu kompensieren. Dies führt zu einer Schiefstellung, was das Gangbild betrifft. Dies hat dann wieder Auswirkungen auf die Wirbelsäule – mit der Folge, dass beim Geschädigten nun Rückenschmerzen eintreten, die vorher nicht existierten. Resultat ist dann eine Kettenfolge. Am Ende kann ein komplizierter Bandscheibenvorfall stehen.

 

Praxistipp

Oftmals empfiehlt es sich, das Thema Arthrose ausgiebig innerhalb der Vergleichsverhandlungen anzusprechen und möglicherweise ein deutlich höheres Schmerzensgeld und deutlich höhere Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn eine Arthrose als Folge droht. Dies ist oftmals sinnvoller, als entsprechende Vorbehalte zu vereinbaren, weil Arthrosen mittlerweile fast eine Volkskrankheit geworden sind und mit zunehmendem Alter immer mehr Menschen betreffen. Das erschwert den späteren Kausalitätsnachweis, wenn Versicherer argumentieren, dass die Arthrose auch durch sonstige Überbelastungen oder durch eine Stoffwechselerkrankung oder allgemein als degenerativer Prozess eingetreten ist, der mit dem Unfall nichts zu tun hat. Es ist dann nach mehreren Jahren möglicherweise ein Prozess zu führen, um dieses Problem zu klären. Mitunter kann es daher in Absprache mit dem Mandanten sinnvoller sein, sich das Risiko einer Arthrose "abkaufen" zu lassen.

 

Rz. 249

Statistisch gesehen gibt es ca. 10 Mio. Deutsche, die unter Arthrose leiden. Weitere 20 Mio. Deutsche haben Knorpelschädigungen mit einer möglicherweise später eintretenden Arthrose. Von daher ist das Problem der Kausalität gar nicht so abwegig. Mittlerweile gibt es auch sehr viele Forschungsthemen im Bereich der Arthrose, da dies so viele Menschen betrifft. Die Uni Tübingen hat zum Beispiel herausgefunden, dass die Ernährung und die Bewegung dabei helfen, das Arthroseproblem in den Griff zu bekommen, denn wenn die Knorpelzelle noch vorhanden ist und lebt, kann durch Ernährung und Bewegung versucht werden, den Knorpel aufzubauen, so dass es zu einer Regeneration der Gelenke kommt.

 

Praxistipp

Generell sind Arztberichte danach durchzuschauen, ob anhaltende Schmerzen in Gelenken bei den Geschädigten auftreten, da dann oftmals auch Knorpelverletzungen vorliegen und oft eine Arthrose eintritt.

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