Rz. 17
Die Prospekthaftung setzt voraus, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Prospektverantwortlichen und dem behaupteten Schaden des Anlegers besteht (haftungsausfüllende Kausalität; vgl. § 5 Rdn 1 ff.).
Rz. 18
Nach ständiger Rechtsprechung besteht zugunsten des geschädigten Kapitalanlegers eine – widerlegbare – Vermutung, wonach die Lebenserfahrung dafür spricht, dass ein in wesentlichen Punkten unrichtiger, unvollständiger oder unklarer Prospekt die nachteilige Anlage verursacht hat (zum Anscheinsbeweis vgl. § 5 Rdn 21 ff.). Entscheidend ist insoweit nicht, dass gerade der behauptete Prospektfehler zum Scheitern des Projekts geführt hat, sondern dass durch den mangelhaften Prospekt in das Recht des Anlegers eingegriffen wurde, nach eigener Abwägung aller maßgeblichen Umstände über eine Kapitalanlage zu entscheiden. Entgegen der Ansicht des II. Zivilsenats des BGH hat der Tatrichter insoweit nicht nach § 286 ZPO, sondern gem. § 287 ZPO zu entscheiden (vgl. § 5 Rdn 6 ff.).
Rz. 19
Der VII. Zivilsenat des BGH hat die Beweislast für den haftungsausfüllenden Kausalzusammenhang – wie bei Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten (vgl. § 2 Rdn 147) – im Bereich der Prospekthaftung umgekehrt und dem Schädiger aufgelegt. Danach hat der Prospektverantwortliche darzulegen und zu beweisen, dass der Schaden des Anlegers auch bei pflichtgemäßer Aufklärung und Information entstanden wäre, also auch bei Verwendung eines richtigen, vollständigen und klaren Prospektes eingetreten wäre, weil der Anleger sich nicht "aufklärungsgerecht" verhalten hätte. Auch der II. Zivilsenat des BGH hat eine solche Beweislast des Prospektverantwortlichen angenommen. Dagegen hat der III. Zivilsenat des BGH in einem Fall, in dem er ein Anlagevermittler den Anleger nicht über Prospektfehler aufgeklärt hatte, offengelassen, ob insoweit eine Beweislastumkehr zulasten eines Aufklärungspflichtigen gilt oder – "nach dem hier vertretenen Standpunkt" – nur eine Beweiserleichterung aufgrund einer tatsächlichen Vermutung besteht.
Rz. 20
Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung nach den vorstehenden Ausführungen die Darlegungs- und Beweislast bzgl. der haftungsausfüllenden Kausalität dem Schädiger zuweist, ändert sich daran nichts, wenn ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Prospektverantwortlicher in Anspruch genommen wird. Insoweit können sich diese Berufsgruppen nicht auf die ihnen günstige Rechtsprechung des – für Anwalts- und Steuerberaterhaftung zuständigen – IX. Zivilsenat des BGH (vgl. § 5 Rdn 13 ff.) berufen, wonach derjenige, der Schadensersatz von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater aus einem berufstypischen Vertrag verlangt, den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden darzulegen und zu beweisen hat. Zwischen den Prospektverantwortlichen und den Anlegern kommen nämlich im Allgemeinen keine vertraglichen oder vorvertraglichen, der Anbahnung eines Vertrages dienenden Rechtsbeziehungen zustande; die Prospekthaftung gründet sich vielmehr auf das – enttäuschte – Vertrauen, das den Prospektverantwortlichen von Anlegern typischerweise entgegengebracht wird.