Walter Krug, Dr. Christopher Riedel
Rz. 268
Nutzungen eines Gegenstandes können einem anderen als dem Eigentümer oder Inhaber zustehen. Damit ist der Berechtigte nach §§ 3 oder 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtig. Das Gleiche gilt für Renten und Leistungen. Sie können vom Eigentümer oder Inhaber selbstständig eingeräumt werden. Aber oft hängen sie mit einer Zuwendung zusammen, die unter der Auflage usw. steht, dem Zuwendenden selbst oder einem Dritten solche Renten, Nutzungen oder Leistungen zu gewähren. Dann kann man den Erwerb vom Standpunkt des Berechtigten oder dem Standpunkt des Verpflichteten betrachten.
a) Besteuerung des Berechtigten
Rz. 269
Wer einen Anspruch auf eine Rente oder auf andere wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen unentgeltlich erwirbt, ist damit steuerpflichtig. Auch wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen kommen als Erwerbsgegenstände i.S.v. § 3 Abs. 1 ErbStG in Betracht. Die Bewertung richtet sich grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 13–16 BewG.
Der Leistungsberechtigte kann nach § 23 ErbStG wählen, ob er die Steuer statt in einem Einmalbetrag vom Kapitalwert jährlich im Voraus von einem Jahreswert entrichtet.
Hinweis
§ 23 ErbStG ist nicht anwendbar, wenn es sich nicht um eine Rente, sondern um eine in Raten zu zahlende Kapitalforderung handelt.
Rz. 270
Bei der Besteuerung nach dem Jahreswert muss zunächst der Jahreswert von Nutzungen und Leistungen nach den §§ 15, 16 BewG ermittelt werden. Bei schwankenden Leistungen kommt es auf den Durchschnittsertrag am Stichtag an. Die Jahreswerte werden so lange mit dem Freibetrag verrechnet, bis er verbraucht ist (Aufzehrmethode). Ab dann muss der Erwerber anfangen, Steuer zu zahlen. Daneben steht die Kürzungsmethode zur Wahl. Danach wird der Jahreswert der Rente in dem Verhältnis gekürzt, in dem der Kapitalwert durch den Freibetrag gemindert wird.
Rz. 271
Nach § 23 Abs. 1 S. 2 ErbStG wird die Steuer nach dem Steuersatz erhoben, der sich für den gesamten Erwerb einschließlich des Kapitalwerts der Nutzungen und Leistungen ergibt. Er wird auf den Jahreswert der Nutzungen und Leistungen angewandt und ergibt die jährlich zu zahlende Steuer. Der Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG ist auch bei der Jahresversteuerung anzuwenden.
Rz. 272
Im Steuerbescheid setzt das Finanzamt den insgesamt zu zahlenden Steuerbetrag und die Anzahl der Jahresbeträge fest. Aufgefordert wird aber nur dazu, die jährlichen Steuerbeträge im Voraus zu zahlen. Jährlich im Voraus bedeutet nicht Kalenderjahr, sondern jeweils Beginn eines jeden Jahres, das nach dem Stichtag beginnt.
Rz. 273
Nach § 23 Abs. 2 ErbStG kann der Erwerber die Jahressteuer zum jeweils nächsten Fälligkeitstermin mit ihrem Kapitalwert ablösen. Der Antrag muss bis zum Beginn des Monats gestellt werden, der dem Monat vorausgeht, in dem die nächste Rate fällig wird. Der Kapitalwert wird nach den Vorschriften der §§ 13, 14 BewG ermittelt.
Ob die Sofortversteuerung oder die Jahresversteuerung für den Betroffenen günstiger ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Bei Zeitrenten ergibt sich durch die Jahresversteuerung ein Zinsvorteil. Bei der Versteuerung nach dem Kapitalwert muss sofort alles gezahlt werden, bei der Versteuerung nach dem Jahreswert erst nach und nach. Die erst später fällige Steuer kann also zunächst anderweitig angelegt werden.
Rz. 274
Bei einer normalen Leibrente muss sich der Berechtigte Gedanken darüber machen, wann er wohl sterben wird. Entscheidet er sich für die Sofortbesteuerung, bestimmt seine mittlere Lebenserwartung beim Erwerb den Kapitalwert ein für allemal. Wird nach dem Jahreswert versteuert, kommt es auf die tatsächliche Lebensdauer an. Was günstiger oder schlechter ist, hängt davon ab, ob sich der Berechtigte an die Statistik hält oder nicht.
Hinweis
Bei vorzeitigem Tod des Begünstigten kann § 14 Abs. 2 BewG sowohl bei der Besteuerung nach dem Kapitalwert als auch nach dem Jahreswert angewendet werden.
b) Besteuerung des Verpflichteten
Rz. 275
Die Behandlung von Verpflichtungen zu wiederkehrenden Leistungen bringt seit dem Erbschaftsteuergesetz 2009 keine Besonderheiten mehr mit sich. Dies gilt in gleicher Weise auch für Belastungen mit Nießbrauchs- oder Wohnungsrechten. Denn alle diese Belastungen können mit ihrem nach § 12 ErbStG i.V.m. §§ 13–16 BewG ermittelten Wert als bereicherungsmindernde Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Die früheren Besonderheiten des § 25 ErbStG a.F. spielen keine Rolle mehr.