Walter Krug, Dr. Christopher Riedel
aa) Allgemeines
Rz. 190
Der Nießbrauch an Personengesellschaftsanteilen ist grundsätzlich denkbar bzw. zulässig. Allerdings kommt es im konkreten Fall stets darauf an, ob bzw. nach welchen gesellschaftsvertraglichen Vorgaben die Anteile (als solche) übertragbar sind. Denselben Regeln folgt auch die Beurteilung der Zulässigkeit einer Nießbrauchsbestellung. Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass ein Nießbrauch nur dann in Betracht kommt, wenn die Anteile laut Gesellschaftsvertrag frei übertragbar sind oder wenn die Gesellschafter den aus Bestellung zustimmen.
Rz. 191
Wegen der Problematik der Übertragbarkeit von Gesellschaftsbeteiligungen (insbesondere von Todes wegen) und deren Regelung im Gesellschaftsvertrag vgl. § 22 Rdn 31 ff. Zum Problemkreis der Eintragbarkeit einer Nießbrauchsbestellung an einem Gesamthandsanteil zu Lasten des Gesamthands-Grundstücks im Grundbuch siehe Lindemeier, DNotZ 1999, 876.
bb) Nießbrauch am Gewinnstammrecht
Rz. 192
Theoretisch denkbar ist es, den Nießbrauch allein auf einen Teil der Gesellschaftsrechte zu beschränken, nämlich denjenigen, mit dem das Recht auf Gewinnbeteiligung bzw. Gewinnbezug verbunden ist. Auch wenn höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit einer solchen Gestaltung bislang nicht vorliegt, geht die h.M. zu Recht davon aus, dass derartige Gestaltungen mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich sind, zumal sie gegen das gesellschaftlich maßgebliche Abspaltungsverbot (keine Aufspaltung eines einheitlichen Gesellschaftsrechts in mehrere Komponenten) verstoßen würden.
cc) Ertragsnießbrauch
Rz. 193
Beim Ertragsnießbrauch soll dem Nießbraucher lediglich der entnahmefähige Gewinnanteil zustehen, nicht jedoch Verfügungs-, Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder sonstige Rechte, die mit der Führung des Unternehmens zu tun haben. Das operative Geschäft verbleibt vielmehr in der Hand des Eigentümers.
Da der Nießbraucher hier keine Gesellschaftsrechte wahrnehmen kann, stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Besteller des Nießbrauchs verpflichtet ist, sein Stimmrecht im Sinne des Nießbrauchers auszuüben und auf diese Weise alles in seinen Kräften Stehende zu tun, damit überhaupt Gewinnentnahmen möglich sind. Die diesbezügliche Rechtslage ist streitig, so dass ausdrückliche Vereinbarungen im Rahmen der Nießbrauchsbestellung bzw. der Vermächtnisanordnung dringend angeraten sind.
dd) Vollrechtsnießbrauch
Rz. 194
Mittlerweile ist anerkannt, dass auch eine Nießbrauchsbestellung am Geschäftsanteil insgesamt (sowohl sachenrechtlich als auch gesellschaftsrechtlich) möglich ist. In diesem Fall wird die Mitgliedschaft insgesamt einschließlich der mit ihr verbundenen Rechte und Pflichten mit dem Nießbrauch belastet. Hierdurch entsteht hinsichtlich der Innehabung des Gesellschaftsanteils eine (dinglich wirkende) Rechtsgemeinschaft zwischen dem Gesellschafter auf der einen und dem Nießbraucher auf der anderen Seite, weshalb auch das gesellschaftliche Abspaltungsverbot insoweit keine Rolle spielt.
Rz. 195
Ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit sind aber diverse Fragen hinsichtlich der Verteilung der Rechte zwischen Nießbraucher und Gesellschafter nach wie vor ungeklärt und sollten durch entsprechende testamentarische Anordnungen geregelt werden. Dies gilt insbesondere für die Frage, wem (und in welchem Umfang) das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung zusteht, sowie auch für die Frage, nach welchen Maßstäben der Gewinn zu verteilen ist (Abgrenzung zwischen laufenden Erträgen und Substanzgewinnen), und wer in welchem Umfang Entnahmen tätigen darf.
ee) Treuhand-Modell
Rz. 196
Der BGH und Teile der Literatur vertretenen die Meinung, dass auch eine Nießbrauchseinräumung am Gesellschaftsanteil ohne gleichzeitige volle Übertragung des Anteils als Vollrecht zulässig sein soll, und zwar in Form der Treuhandschaft durch den Nießbraucher. Denn wenn de...