Walter Krug, Dr. Christopher Riedel
1. Allgemeines
Rz. 81
Ähnlich der Vor- und Nacherbschaft kann gemäß § 2191 BGB ein Nachvermächtnis angeordnet werden. Das Nachvermächtnis ist der Vor- und Nacherbfolge nachgebildet. So finden gemäß § 2191 Abs. 2 BGB die Vorschriften der §§ 2102, 2106 Abs. 1, 2107 BGB und des § 2110 Abs. 1 BGB Anwendung.
Der Nachvermächtnisnehmer erhält einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Vorvermächtnisnehmer auf Übereignung des vermachten Gegenstandes. Es handelt sich beim Nachvermächtnis um ein Untervermächtnis, auf das die Vorschriften der §§ 2186–2188 BGB Anwendung finden. Das Nachvermächtnis fällt mit dem vom Erblasser bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis an. Insoweit handelt es sich auch um ein aufschiebend bedingtes bzw. befristetes Vermächtnis (§ 2177 BGB).
Rz. 82
Der Schutz des § 2179 BGB findet beim Nachvermächtnis entsprechende Anwendung. Der Nachvermächtnisnehmer hat insoweit ein Anwartschaftsrecht gemäß § 2179 BGB auf den späteren Erwerbsanspruch mit der Möglichkeit, einen eventuellen Schadensersatzanspruch gegen den Vorvermächtnisnehmer geltend machen zu können, falls diesen ein Verschulden trifft. Ist ein Grundstück Gegenstand des Nachvermächtnisses, so ist der Anspruch des Nachvermächtnisnehmers nach Eintritt des Erbfalls vormerkungsfähig, wenn der Vorvermächtnisnehmer im Grundbuch eingetragen ist, § 39 GBO.
2. Die Vererblichkeit des Nachvermächtnisanwartschaftsrechts; Ersatznachvermächtnisnehmer
Rz. 83
Auch beim Nachvermächtnis stellt sich die Frage der Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts, obgleich weder eine direkte Anwendung des § 2108 BGB noch eine Analogie in Betracht kommt. Allerdings ist aufgrund der nach § 2179 BGB geschützten Anwartschaft die Frage der Konkurrenz zum Ersatznachvermächtnisnehmer gemäß § 2069 BGB problematisch, wenn der Erblasser einen Abkömmling oder einen sonst nahen Verwandten bedacht hat.
Rz. 84
Die ausdrückliche Bestimmung eines Ersatzvermächtnisnehmers schließt dagegen wohl eine Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts aus.
Hinsichtlich der Vererblichkeit des zwischen Erbfall und Anfall des Vermächtnisses entstehenden Anwartschaftsrechts sollte daher die Verfügung von Todes wegen ausdrücklich eine entsprechende Bestimmung vorsehen. Nach §§ 2191 Abs. 2, 2102 BGB ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Nachvermächtnisnehmer auch zum Ersatzvermächtnisnehmer berufen ist. Insofern besteht die gleiche Problematik wie bei der Vor- und Nacherbschaft (vgl. § 11 Rdn 28 ff.)
3. Gegenstand des Nachvermächtnisses
Rz. 85
Grundsätzlich kann jeder Gegenstand Inhalt eines Vermächtnisses und somit auch eines Nachvermächtnisses sein. Inhalt des Nachvermächtnisses ist zwangsläufig, dass der Gegenstand bei Vor- und Nachvermächtnis – wenigstens wirtschaftlich – identisch ist. Problematisch kann dies in der praktischen Abwicklung sein, wenn Gegenstand des Vermächtnisses ein Inbegriff von Sachen ist. Hat der Erblasser hinsichtlich seines Bar- bzw. Geldvermögens einen Nachvermächtnisnehmer bestimmt, so genügt es für das Nachvermächtnis, wenn dem Vorvermächtnisnehmer eine gleich hohe Summe zugewandt wurde.
Rz. 86
Hat der Erblasser den Gegenstand eines Vermächtnisses bereits zu Lebzeiten auf den Vermächtnisnehmer übertragen, in seinem Testament aber ein Nachvermächtnis bestimmt, dann sieht das OLG Frankfurt als wirksamen Rechtsgrund der Übertragung das Vermächtnis an mit der Folge, dass der (Vor-)Vermächtnisnehmer mit einem Nachvermächtnis belastet ist.
Rz. 87
Muster 14.16: Das Nachvermächtnis
Muster 14.16: Das Nachvermächtnis
Ich, _________________________, vermache im Wege des Vermächtnisses meiner Ehefrau _________________________, geborene _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, meine Eigentumswohnung in _________________________, _________________________Straße Nr. _________________________, eingetragen im Grundbuch von _________________________ Blatt _________________________, Fl.Nr. _________________________. Ich bestimme meine Tochter _________________________, geb. am _________________________ in _________________________ zur Nachvermächtnisnehmerin. Das Nachvermächtnis fällt mit dem Tod der Vermächtnisnehmerin an. Die Anwartschaft der Nachvermächtnisnehmerin zwischen Erbfall und Nachvermächtnisanfall ist weder vererblich noch übertragbar.
Für den Fall, dass die Nachvermächtnisnehmerin vor oder nach dem Erbfall wegfällt, bestimme ich, entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Vermutungs- oder Auslegung...