Rz. 19
Wie bereits dargelegt (siehe Rdn 2 ff.), sichert die einstweilige Verfügung ausschließlich gem. §§ 935, 940 ZPO die künftige Zwangsvollstreckung wegen Ansprüchen, die nicht auf Geld gerichtet sind. Da nach § 936 ZPO die bereits erläuterten Arrestvorschriften der §§ 916–934 ZPO analog auf die einstweilige Verfügung anwendbar sind, soweit die Sonderreglungen der §§ 937–942 ZPO nichts Gegenteiliges regeln, sollen nachfolgend daher nur die Unterschiede zum Arrestverfahren geschildert werden.
a) Unterschied zum Arrestgesuch
Rz. 20
Im Unterschied zum Arrest muss der Gläubiger kein Gesuch stellen, sondern den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen, wie sich aus § 937 Abs. 2 ZPO ergibt. Zudem muss ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund gem. §§ 935, 940, 940 a ZPO dargelegt und gem. §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht werden. Ebenso hat das Gericht nach § 938 Abs. 1 ZPO freies Ermessen, welche Anordnung zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist. Für die Praxis bedeutet dies, dass im Unterschied zum Arrestverfahren keine genaue bzw. konkrete Fassung des Antrags gemacht werden muss, sofern das Rechtsschutzziel ersichtlich ist und das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO nicht etwas anderes zusprechen müsste. Wesentlich ist, dass für die einstweilige Verfügung ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund bestehen müssen.
b) Verfügungsanspruch
Rz. 21
Alle Ansprüche, die nicht durch einen Arrest gesichert werden können, sind quasi durch eine einstweilige Verfügung sicherbar, somit grundsätzlich alle Ansprüche, die nach §§ 883 bis 898 ZPO vollstreckt werden können. Hierunter fallen also z.B.:
Sicherung der Zwangsvollstreckung
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zur Herausgabe beweglicher Sachen; – Da die Hauptsache nicht vorweggenommen werden darf, muss ggf. eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe des Gegenstands aus dem Nachlass an den Gerichtsvollzieher als Sequester beantragt werden. – |
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bei Leistung vertretbarer Sachen; |
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zur Herausgabe oder Räumung eines Grundstücks oder Schiffs; |
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zur Herausgabe bei Gewahrsam eines Dritten; |
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bei vertretbaren Handlungen; |
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bei nicht vertretbaren Handlungen (also insbesondere bei Auskunft und Rechnungslegung); – Die Auskunft etc. selbst wird jedoch nicht geschuldet, da dies eine Vorwegnahme der Hauptsache ist. – |
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zur Erzwingung der Duldung oder Unterlassung einer Handlung. |
Zudem auch bei Sicherung einer Vormerkung (z.B. bei §§ 2287, 2288 BGB) oder eines Widerspruchs.
Praxishinweis
Zu beachten ist, dass eine einstweilige Verfügung unzulässig ist, mit der dem Nachlassgericht untersagt werden soll, einen bestimmten Erbschein an den Antragsteller auszuhändigen bzw. dem Antragsteller zu untersagen, diesen entgegenzunehmen bzw. diesen zu beantragen.
Rz. 22
Im Einzelnen werden drei Verfügungsarten unterschieden:
aa) Sicherungsverfügung
Rz. 23
Die Sicherungsverfügung dient zur Sicherung eines Anspruchs, der nicht auf eine Geldleistung gerichtet ist. Im Erbrecht wird eine derartige Verfügung insbesondere in den Fällen zur Sicherung der Herausgabe von Gegenständen für einen Vermächtnisnehmer oder an die Erben(-gemeinschaft) eingesetzt. Ebenso wird hierdurch die Eintragung einer Vormerkung nach §§ 883, 885 BGB erreicht, die den Herausgabeanspruch aus §§ 2287, 2288 BGB sichern soll.
bb) Regelungsverfügung
Rz. 24
Die Regelungsverfügung soll eine einstweilige Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses regeln. Durch eine Regelungsverfügung können z.B. Auskunftsansprüche gesichert werden. Ebenso kann durch eine Regelungsverfügung die vorläufige Regelung des Besitzes angeordnet werden, wenn z.B. Erben mit Dritten darüber streiten, ob der Gegenstand in den Nachlass fällt oder ausschließlich dem Dritten gehört. Die Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs kann ebenfalls durch eine Regelungsverfügung gesichert werden. Beide Verfügungsansprüche können also in der Praxis ohne weiteres nebeneinander auftreten. Nicht vorläufig geregelt werden können hingegen Erbenstellungen, da hierdurch die Hauptsache unzulässiger Weise vorweggenommen würde.
cc) Leistungsverfügung
Rz. 25
Die Leistungsverfügung durchbricht gleich zwei Grundsätze des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. Zunächst wird der Grundsatz durchbrochen, dass mit einer einstweiligen Verfügung keine Geldansprüche gesichert werden können. Des Weiteren wird bei der Leistungsverfügung ausnahmsweise der Grundsatz, dass die Hauptsache durch die einstweilige Regelung nicht vorweggenommen werden darf, durchbrochen. Verfügungsanspruch kann dabei jeder materielle Anspruch sein, auch wenn er sogar auf Geld gerichtet ist. Da der Arrest nur auf Sicherung gerichtet ist und nicht wie die Leistungsverfügung auf Befriedigung eines Geldanspruchs, ist ein derartiges Verfahren ausnahmsweise zulässig. Allerdings sind strengste Anforderungen an den Verfügungsgrund und die Glaubhaftmachung zu stellen.
c) Verfügungsgrund
Rz. 26
Ein Verfügungsgrund ist bei einer Sicherungsverfügung nach § 9...