Rz. 7

In der Literatur war nach der Reform des VVG lange Zeit umstritten, ob im Ausnahmefall auch bei einem (lediglich) grob fahrlässigen Fehlverhalten eine vollständige Leistungskürzung des Versicherers (auf Null) gerechtfertigt sein kann. Diese Frage hat der BGH entschieden und ein solches weitreichendes Kürzungsrecht im Ausnahmefall zugelassen.

 

Rz. 8

Muster 14.2: Vollständige Leistungsfreiheit

 

Muster 14.2: Vollständige Leistungsfreiheit

Der Versicherer kann auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung in vollem Umfang kürzen (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 225/10 = zfs 2011, 511; BGH, Urt. v. 11.1.2012 – IV ZR 251/10 = zfs 2012, 212 für § 28 Abs. 2 VVG). Hierfür ist eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, wobei eine solche weitreichende Leistungskürzung insbesondere im Grenzbereich zu einem sog. "Eventualvorsatz" naheliegt (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 225/10 = zfs 2011, 511; Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, 2. Aufl. 2012, § 1 Rn 8 ff.).

In dem hier vorliegenden Fall ist eine solche weitreichende Leistungskürzung der Schwere des Verschuldens angemessen: _________________________.

 

Rz. 9

 

Hinweis

Eine solche weitreichende Kürzung ist jedoch die Ausnahme und bedarf einer sorgfältigen Begründung. Dabei ist auch zu beachten, dass der Versicherer die Beweislast für alle Umstände trägt, welche die Quote der Leistungskürzung begründen. Bei dem Versicherungsnehmer verbleibt dagegen eine sekundäre Darlegungslast, so dass es genügt, wenn er die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände schlüssig vorträgt.

 

Rz. 10

Muster 14.3: Keine vollständige Leistungsfreiheit

 

Muster 14.3: Keine vollständige Leistungsfreiheit

Eine vollständige Leistungskürzung des Versicherers ist ein Ausnahmefall, der in der Regel auf ein Verschulden beschränkt ist, welches im Grenzbereich zu einem Vorsatz liegt (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 225/10 = zfs 2011, 511). Hierfür ist eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 225/10 = zfs 2011, 511; BGH, Urt. v. 11.1.2012 – IV ZR 251/10 = zfs 2012, 212 für § 28 Abs. 2 VVG). Hat der Versicherungsnehmer entlastende Umstände vorgetragen, die den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit jedenfalls im subjektiven Bereich in milderem Licht erscheinen lassen, und kann der Versicherer diese nicht ausräumen, so kommt nur eine anteilige Kürzung in Betracht. Hieraus folgt zugleich, dass die Beweislast für alle Umstände, welche eine weitreichende Kürzung rechtfertigen, beim Versicherer liegt (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 225/10 = zfs 2011, 511; Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, 2. Aufl. 2012, § 1 Rn 29).

Dieses vorausgeschickt zeigt sich, dass vorliegend eine vollständige Leistungsfreiheit nicht der Schwere des Verschuldens entspricht, wobei verbleibende Zweifel und Unsicherheiten zu Lasten des beweisbelasteten Versicherers gehen: _________________________.

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