A. Immobilienkaufvertrag und Eintreten einer Verkäuferinsolvenz
Rz. 1
Zweifellos werden regelmäßig die vom Notar beurkundeten Immobilienkaufverträge auch erfolgreich vollzogen. Befindet sich, insbesondere der Verkäufer, allerdings in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, kann die Abwicklung des Kaufvertrags auch scheitern. Wird z.B. vor Beantragung der Eigentumsumschreibung über das Vermögen des Verkäufers die Insolvenz eröffnet, kann es entscheidend darauf ankommen, in welchem Stadium der Abwicklung die Kaufvertragsvereinbarung sich befindet. Hat der Verkäufer vollständig seine Haupt- und Nebenleistungspflichten erfüllt, fällt der Anspruch auf Erhalt des Kaufpreises bzw. der Gegenleistung, die der Käufer noch zu erbringen hat, in die Insolvenzmasse. Daneben ist entscheidend, ob vor der Insolvenzeröffnung eine Vormerkung zur Sicherung der Eigentumsübertragung im Grundbuch eingetragen oder wenigstens formgerecht beantragt ist.
B. Eröffnung der Verkäuferinsolvenz zwischen Kaufvertragsbeurkundung und Beantragung der Eigentumsumschreibung
Rz. 2
Sollte der Käufer den Kaufpreis oder einen Teil des Kaufpreises vorgeleistet haben, fällt der gezahlte vorgeleistete Betrag in die Insolvenzmasse. Dies erfreut in der Regel den Insolvenzverwalter, weil diese Situation günstig für die Insolvenzmasse ist, sodass er von seinem Erfüllungswahlrecht (§ 103 InsO) regelmäßig keinen Gebrauch machen dürfte.
Rz. 3
Erfolgte bereits die Besitzübergabe an den Käufer, wurde die Auflassung beurkundet und die Grunderwerbsteuer bereits bezahlt, kann der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht nicht mehr ausüben, weil § 103 InsO nicht mehr anwendbar ist. Dennoch: Der Eigentumsübereignungsanspruch des Käufers in dieser Situation ist lediglich ein einfacher Insolvenzforderungsanspruch, besteht also nur in einem Anspruch des Käufers, der in eine Geldforderung – § 45 InsO – umgerechnet wird. Diese Geldforderung wird lediglich mit der Insolvenzquote befriedigt.
Rz. 4
Stand dem Insolvenzverwalter jedoch sein Wahlrecht nach § 103 InsO zu und verlangte er vom Käufer die Erfüllung, verhält es sich anders. Dann ist der Immobilienkaufvertrag – wie üblich – zu erfüllen. Soweit der Käufer den oder einen Teil des Kaufpreises schon geleistet haben sollte, besteht für ihn nicht das Risiko, die bereits gezahlten Beträge noch einmal, also doppelt aufbringen zu müssen.
C. Eröffnung der Verkäuferinsolvenz nach beurkundeter Auflassung und beantragter Eigentumsumschreibung
Rz. 5
Ist nach beurkundeter Auflassung der Antrag auf Eigentumsumschreibung formgerecht – auch durch den Käufer – (mit-)beantragt, also bindend, besteht für den Käufer kein Insolvenzrisiko mehr. Die Kaufvertragsvereinbarung ist dann insolvenzfest. Dabei kommt es weder auf eine erfolgte Besitzübergabe an noch auf die Erfüllung des Kaufpreisanspruchs. Das Anwartschaftsrecht kann dem Käufer nicht mehr entzogen werden. Etwas anderes gilt aber, wenn die Eintragung der Auflassung nicht vom Käufer mit beantragt, sondern wenn der Notar, der nach Schlüssigkeitsprüfung gem. § 16a GwG die Umschreibung ausschließlich für den Verkäufer beantragen würde; in diesem Fall ist die Kaufvertragsvereinbarung nicht insolvenzfest. Der Insolvenzverwalter könnte den Antrag zurücknehmen.
D. Verkäuferinsolvenzeröffnung bei eingetragener Vormerkung und noch nicht beurkundeter Auflassung
Rz. 6
Ist im Grundbuch zur Sicherung des Käufers auf Übereignung eine Vormerkung eingetragen, ist der Käufer geschützt. Nach § 106 Abs. 1 InsO kann der Käufer dann die Befriedigung seiner Ansprüche aus der Insolvenzmasse verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer noch weitere Verpflichtungen wie die Erklärung der Auflassung übernommen, aber noch nicht erledigt hat. Ist die Vormerkung zwar noch nicht im Grundbuch eingetragen, aber formgerecht, bindend – auch durch den Käufer – (mit-)beantragt, gilt die vorstehende Ausführung sinngemäß. Der Käufer wird durch § 91 Abs. 2 InsO und § 878 BGB geschützt. Etwas anderes gilt aber, wenn die Eintragung der Vormerkung nicht vom Käufer mit beantragt, sondern ausschließlich nur vom Verkäufer beantragt wurde. In diesem Fall ist die Kaufvertragsvereinbarung nicht insolvenzfest. Der Insolvenzverwalter könnte den Antrag zurücknehmen. Ein Notarantrag gem. § 15 GBO genügt möglicherweise nicht.
E. Mitwirkung des Insolvenzverwalters
Rz. 7
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Ist die Auflassung beurkundet und wurde der Antrag auf Eigentumsumschreibung bindend gestellt, bedarf es für den Grundbuchvollzug keiner weiteren Mitwirkung des Insolvenzverwalters mehr. Andernfalls bedarf es einer neuen Auflassung durch den Insolvenzverwalter und falls zunächst (nur) ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, der Auflassung durch diesen. |
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Zur Mitwirkung bei einer eingetragenen Auflassungsvormerkung oder einer bindend auch durch den Käufer (mit-)beantragten Vormerkung ist der Insolvenzverwalter (ggf. auch der vorläufige Insolvenzverwalter) verpflichtet – §§ 103, 106 InsO bzw. § 878 BGB. Kommt ... |