Rz. 30
Die Herbeiführung eines Verkehrsunfalls im Zustand der Fahruntüchtigkeit aufgrund der Einnahme berauschender Mittel ist für die Praxis von erheblicher Bedeutung. So verwundert es auch nicht, dass im Bereich der Kraftfahrtversicherung für diese Fälle eine gesonderte Vereinbarung getroffen wird. Ziff. D.1.2 AKB 2015 (bzw. Ziff. D.2.1 AKB 2008) sieht folgende, speziell für die Kfz-Haftpflichtversicherung geltende Obliegenheit vor:
Zitat
"Das Fahrzeug darf nicht gefahren werden, wenn der Fahrer durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Außerdem dürfen Sie, der Halter oder der Eigentümer des Fahrzeugs, dieses nicht von einem Fahrer fahren lassen, der durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen."
Diese Obliegenheit kann sowohl durch den Fahrer, der das haftpflichtversicherte Fahrzeug im Zustand der Fahruntüchtigkeit selbst führt, als auch durch den von diesem personenverschiedenen Versicherungsnehmer, den Halter oder den Eigentümer des Fahrzeugs begangen werden, der dieses einem fahruntüchtigen Fahrer überlässt und dabei (zumindest) grob fahrlässig handelt. Hierbei sind wiederum die Trunkenheitsformen der absoluten und relativen Fahruntüchtigkeit zu unterscheiden. Eine absolute Fahruntüchtigkeit wird unwiderlegbar vermutet, wenn eine BAK von 1,1 Promille oder mehr gegeben ist. Diese Grenze gilt auch im Versicherungsvertragsrecht. Steht eine alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit fest, wird vermutet, dass sie zu dem Unfallereignis geführt hat. Dieser Anscheinsbeweis ist nur widerlegt, wenn der Versicherungsnehmer den Nachweis dafür erbringt, dass eine andere Unfallursache als wahrscheinlich anzusehen ist.
Rz. 31
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Muster 14.9: Anscheinsbeweis bei Trunkenheitsfahrt
Bei feststehender alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit wird ein Ursachenzusammenhang mit dem Verkehrsunfall nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung im Wege des Anscheinsbeweises vermutet (BGH, Urt. v. 9.10.1991 – IV ZR 264/90 = zfs 1992, 15 = VersR 1991, 1367). Dieser Anscheinsbeweis ist nur widerlegt, wenn der Versicherungsnehmer den Nachweis dafür erbringt, dass eine andere Unfallursache als wahrscheinlich anzusehen ist (OLG Naumburg, Urt. v. 16.9.2004 – 4 U 38/04 = r+s 2005, 54 = VersR 2005, 1233; LG Saarbrücken, Urt. v. 18.2.2015 – 14 O 108/14 – juris; LG Tübingen, Urt. v. 26.4.2010 – 4 O 326/09 = zfs 2010, 394). Es genügt eine Mitursächlichkeit des Alkoholkonsums (OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 20.7.2017 – 9 U 20/17 – juris).
Vorliegend erhärtet sich dieser Anscheinsbeweis sogar durch nachfolgende Indizien: _________________________.
Rz. 32
Liegt die festgestellte BAK unterhalb des Grenzwertes von 1,1 Promille, aber mindestens bei 0,3 Promille, kann eine sog. relative Fahruntüchtigkeit vorliegen. In diesem Fall muss aber neben der Alkoholisierung eine alkoholtypische Ausfallerscheinung oder ein alkoholbedingter Fahrfehler nachgewiesen werden, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen. Je höher der Alkoholisierungsgrad, desto plausibler muss ggf. ein anderer alkoholunabhängiger Schadensverlauf sein. Die Anforderungen an die Feststellung der relativen Fahruntüchtigkeit sind dabei umso geringer, je höher die Blutalkoholkonzentration ist. Es gibt typische Konstellationen, bei denen eine relative Fahruntüchtigkeit naheliegt. Steht aber erst einmal eine relative Fahruntüchtigkeit fest, wird in der Rechtsprechung i.d.R. ihre Unfallursächlichkeit im Wege des Anscheinsbeweises vermutet.
Rz. 33
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Muster 14.10: Relative Fahruntüchtigkeit bei Abkommen von der Fahrbahn
Kommt der Versicherungsnehmer – wie hier – auf einer trockenen, übersichtlichen Fahrbahn aus der Fahrspur und prallt gegen ein Hindernis, ist davon auszugehen, dass es für das Unfallgeschehen keine andere erkennbare Ursache als eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit gibt (OLG Köln, Urt. v. 6.5.2003 – 9 U 160/02 = r+s 2003, 315; LG Aurich, Urt. v. 21.3.2003 – 3 O 1002/02 = SP 2004, 272; LG Kaiserslautern, Urt. v. 7.2.2014 – 3 O 323/13 = zfs 2014, 332). Bei einem solchen Abkommen von der Fahrbahn ohne erkennbaren Grund spricht jedenfalls eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein alkoholbedingter Fahrfehler die Ursache des Abkommens war (OLG Hamm, Urt. v. 29.1.2003 – 20 U 179/02 = zfs 2003, 408 = r+s 2003, 188). Je höher der Alkoholisierungsgrad, desto plausibler muss im Übrigen ein anderer alkoholunabhängiger Schadensverlauf sein (OLG Saarbrücken, Urt. v. 7.4.2004 – 5 U 688/03 = zfs 2004, 323 = VersR 2004, 1262).
Dieses vorausgeschickt gilt Folgendes: _________________________.
Rz. 34
Wurde der Eintritt des Versicherungsfalls grob fahrlässig herbeigeführt, ist der Versicherer nach § 81 VVG zu einer Kürzung der Versicherungsleistung berechtigt, die sich an der Sc...