Rz. 69
Nach Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn der Beklagte in sie einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet, § 263 ZPO. Darüber hinaus erklärt die ZPO in § 264 einige Änderungen für grundsätzlich zulässig.
I. Begriff
Rz. 70
Eine Klageänderung liegt immer dann vor, wenn der Kläger den Streitgegenstand seiner Klage verändert. Dies geschieht häufig durch eine Änderung des Klageantrages, durch den, wie bereits erläutert, der Streitgegenstand in der Regel bestimmt wird.
Beispiel:
A verklagt B auf Herausgabe eines Autos Opel Corsa, nähere Bezeichnung. Später ändert er den Antrag und verlangt nunmehr die Herausgabe eines VW Polo. Hier liegt offensichtlich eine Klageänderung vor, die nur bei Einwilligung des B oder Sachdienlichkeit zulässig ist.
Rz. 71
Schwieriger ist die Situation bei Zahlungsansprüchen.
Beispiel:
A verlangt von B Zahlung von 1.000,00 EUR als Rückzahlung eines Darlehens. Später ändert er seine Klagebegründung und begehrt nunmehr 1.000,00 EUR aus Kaufvertrag. Hier ist der Klageantrag zwar gleich geblieben ("[…], den B zur Zahlung von 1.000,00 EUR zu verurteilen"), gleichwohl hat sich der Streitgegenstand offensichtlich gewandelt.
Bei Zahlungsansprüchen kommt es daher nicht nur auf den Klageantrag, sondern auf den den Antrag stützenden Lebenssachverhalt an. Wird dieser wie im obigen Beispiel ausgewechselt, liegt ebenfalls eine Klageänderung vor, die nur zulässig ist, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.
II. Zulässigkeit
1. Zustimmung des Gegners
Rz. 72
Die Klageänderung ist zulässig, wenn der Beklagte in sie einwilligt, oder wenn das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Letzteres kommt relativ häufig vor, nämlich immer dann, wenn der Kläger versehentlich seinen Klageanspruch falsch formuliert hat, oder wenn sich im Verlauf des Prozesses Umstände ergeben, die eine Umstellung des Klagebegehrens angezeigt sein lassen.
Nicht für sachdienlich wird das Gericht eine Klageänderung dann ansehen, wenn der neu eingeführte Streitgegenstand mit dem zuvor Verfolgten keinerlei innere Verbindung hat, wie dies im letztgenannten Beispiel der Fall ist.
2. Gesetzlich zulässige Klageänderungen
Rz. 73
§ 264 ZPO enthält einige häufig vorkommende Ausnahmen von dem Erfordernis, dass Klageänderungen entweder sachdienlich sein müssen oder der Prozessgegner ihnen zustimmen muss. Als Klageänderung gilt es danach nicht, wenn der Kläger die den Klageanspruch stützenden Tatsachen- oder Rechtsbehauptungen korrigiert oder ergänzt, oder wenn er den Klageanspruch erweitert oder beschränkt. Dies ist also grundsätzlich immer möglich.
Beispiel:
A verklagt B auf Zahlung von 5.000,00 EUR als Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Vertrages. Durch ein Sachverständigengutachten wird im Rahmen einer Beweisaufnahme festgestellt, dass A nur 2.800,00 EUR Schadensersatz zustehen. A beschränkt seinen Klageantrag daraufhin dahin, dass er beantragt, B zur Zahlung von 2.800,00 EUR zu verurteilen. Hierin liegt in Anwendung des § 264 Abs. 1 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung, A kann dies also tun, unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten oder der Beurteilung der Sachdienlichkeit der Verfahrensweise aus Sicht des Gerichts.
Da in der Beschränkung jedoch eine teilweise Klagerücknahme liegt, bedarf er hierfür gem. § 269 ZPO der Zustimmung des Beklagten, außerdem hat er die bisher angefallenen Verfahrenskosten hinsichtlich des zurückgenommenen Teils zu tragen (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO).
Rz. 74
Eine Klageänderung ist es weiterhin nicht, wenn der Kläger die Klage umstellt, indem er statt des bisher begehrten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung einen anderen Gegenstand oder das an dessen Stelle getretene Interesse verlangt.
Beispiel:
A verklagt B auf die Herausgabe eines geliehenen Fahrrades. Im Verlauf des Prozesses erfährt er, dass B das Fahrrad für 300,00 EUR an C verkauft hat. A kann nun die Klage auf Zahlung der 300,00 EUR umstellen oder in entsprechender Höhe Schadensersatz wegen der Eigentumsverletzung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 246 StGB verlangen.
III. Büromäßige Behandlung
Rz. 75
Ändert der Anwalt den Klageantrag, sollte er zuvor prüfen, ob diese Änderung eine zustimmungsbedürftige Klageänderung im Rechtssinne ist und, falls ja, zu deren Sachdienlichkeit Ausführungen machen. Sofern die Änderung eine teilweise Klagerücknahme enthalten würde, muss die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO beachtet werden. Falls bspw. die Klage im Hinblick darauf geändert werden muss, dass der Beklagte einen Teilbetrag des eingeklagten Betrages nach Rechtshängigkeit gezahlt hat, darf die Klage nicht zurückgenommen werden, sondern muss vielmehr der Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt werden. Andernfalls begeht der Anwalt einen haftungsträchtigen Fehler. Eine Klageänderung sollte, soweit es nicht nur um Änderungen in der Formulierung der Anträge, sondern um inhaltliche Änderungen geht, immer zuvor mit dem Mandanten abgestimmt werden.