Rz. 10
Durch die Gestaltungsklage wird eine unmittelbar aus dem rechtskräftigen Urteil folgende Gestaltung, d.h. Änderung eines bestehenden Rechtsverhältnisses begehrt. Beispiele sind hier die Scheidungsklage (heute richtig als Scheidungsantrag bezeichnet) und die Klage auf vorzeitigen (d.h. vor Ehescheidung erfolgenden) Ausgleich des Zugewinns gem. § 1386 BGB. Das rechtskräftige Urteil erzeugt eine rechtsgestaltende Wirkung auf das Rechtsverhältnis selbst: Durch ein Scheidungsurteil wird die Scheidung – mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils – als solche erwirkt, keinesfalls stellt das Scheidungsurteil lediglich fest, dass eine Ehe geschieden sei, der rechtliche Erfolg also bereits vor dem Urteilsspruch eingetreten sei.
Rz. 11
Der Unterschied zur Feststellungsklage liegt darin, dass durch das Feststellungsurteil lediglich ein bereits vor Urteilserlass bestehender Rechtszustand (bspw. ist das Arbeitsverhältnis mit der wirksam gewordenen Kündigung erloschen, das Urteil stellt diesen rechtlich bereits vorher eingetretenen Erfolg der Kündigung lediglich fest) festgestellt wird, während bei der Gestaltungsklage der neue Rechtszustand erst durch die Rechtskraft des Gestaltungsurteils – regelmäßig mit Wirkung nur für die Zukunft – eintritt.
Rz. 12
Es gibt jedoch auch bestimmte Gestaltungsurteile, die Wirkung auch für die Vergangenheit haben. Zu nennen sind hier beispielsweise die Klage auf die Nichtigkeit der Ehe und die Anfechtungsklage, mit der die bisher unzutreffend angenommene Vaterschaft gegenüber einem Kind angefochten wird. Bei diesen Klagen handelt es sich deshalb um Gestaltungsklagen, weil durch das Urteil nicht alle Folgen des gestalteten Rechtsverhältnisses beseitigt werden, sondern Einzelfolgen trotz der rückwirkenden Gestaltung bestehen bleiben.
Rz. 13
Für die Gestaltungsklage besteht immer ein Rechtsschutzinteresse, weil hier überhaupt nur im Klageweg eine Änderung des bestehenden Rechtsverhältnisses erreicht werden kann.
Rz. 14
Eine Gestaltungsklage stellt es nicht dar, wenn die Klage auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist. Zwar bestimmt § 894 ZPO, dass eine Willenserklärung, zu deren Abgabe jemand verurteilt worden ist, mit Rechtskraft des Urteils als in der notwendigen Form abgegeben gilt, eine Vollstreckung im eigentlichen Sinn also nicht mehr möglich ist.
Bereits die Stellung des § 894 ZPO im achten Buch der ZPO, das sich mit der Zwangsvollstreckung befasst, zeigt jedoch, dass nicht das Urteil als solches die Gestaltung des Rechtsverhältnisses bewirkt, sondern die Rechtskraft des Urteils eine Vollstreckungsfiktion darstellt, wonach die begehrte Willenserklärung als abgegeben gilt. Wenn bspw. ein Verkäufer bei einem Grundstückskaufvertrag über eine noch zu vermessende Teilfläche einer Immobilie nach der Vermessung die Abgabe der Auflassungserklärung gem. §§ 873, 925 BGB verweigert, weil nach seiner Auffassung eine andere als die verkaufte Teilfläche vermessen worden sei, kann der Käufer, der dies anders sieht, auf Abgabe der Auflassungserklärung (d.h. das Angebot auf die dingliche Einigung) und formelle Bewilligung der Eigentumsumschreibung (vgl. § 19 GBO) klagen. Das stattgebende rechtskräftige Urteil ersetzt vollstreckungsrechtlich aber "nur" die Erklärung(en) des Verkäufers. Der Käufer muss also noch selbst seine dingliche Einigungserklärung notariell beurkunden lassen und den Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt stellen, wenn das nicht – wie im Regelfall – der Notar zu tun hat und auch tut.
Rz. 15
Neben den zivilrechtlichen Gestaltungsklagen gibt es auch zivilprozessuale Gestaltungsklagen. Die wichtigen zivilprozessualen Gestaltungsklagen sind die Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO, die Abänderungsklage gem. § 323 ZPO und die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO.