Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 17
Ebenso wie bei der AG gilt auch bei der GmbH das Trennungsprinzip.
Rz. 18
Beginnen wir mit dem statistischen Ausnahmefall: Fällt eine GmbH unter das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) und ist damit paritätisch mitbestimmt, ordnet § 31 Abs. 1 MitbestG an, dass die Bestellung der Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs (= Geschäftsführung) und der Widerruf der Bestellung sich nach den §§ 84 und 85 AktG bestimmen mit der Folge, dass die Ausführungen zur Kündigung des Dienstvertrags eines Vorstands einer AG insoweit entsprechend gelten.
Rz. 19
Greift hingegen der statistische Normalfall ein und die GmbH ist nicht paritätisch, sondern entweder nach Maßgabe des Drittelbeteiligungsgesetzes oder – der statistische Regelfall – überhaupt nicht mitbestimmt, stellt sich die gesellschaftsrechtliche Lage bei Geschäftsführern der GmbH grundlegend anders dar als bei Vorstandsmitgliedern einer AG. Der nach Maßgabe der §§ 6, 46 Nr. 5 GmbHG bestellte Geschäftsführer kann einerseits gem. § 38 Abs. 1 GmbHG unbefristet bestellt werden, andererseits aber auch jederzeit ohne Grund abberufen werden, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag knüpft die Abberufung an einen wichtigen Grund (vgl. § 38 Abs. 2 GmbHG).
Rz. 20
Unabhängig von mitbestimmungsrechtlichen Fragen gilt im Übrigen aber auch die Unabhängigkeit der organschaftlichen Ebene von der vertragsrechtlichen Ebene. Insoweit ordnet § 38 Abs. 1 GmbHG ebenso wie § 84 Abs. 1 S. 5 AktG an, dass der Widerruf der Bestellung Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen (Geschäftsführerdienstvertrag) unberührt lässt. Es bedarf also auch beim GmbH-Geschäftsführer regelmäßig zweier Erklärungen, zum einen des Widerrufs der Bestellung (Abberufung) und zum anderen der Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags. Für beide Rechtsakte ist nach § 46 Nr. 5 GmbHG unmittelbar bzw. als daraus abzuleitende Annexkompetenz (bezogen auf das Anstellungsverhältnis) die Gesellschafterversammlung zuständig, es sei denn, mitbestimmungsrechtliche Vorschriften begründen die Zuständigkeit des Aufsichtsrats (vgl. § 31 MitbestG). Die Gesellschafterversammlung ist dabei auch zuständig unabhängig davon, welchen konkreten Inhalt das Geschäftsführeranstellungsverhältnis hat – es ist also egal, ob es sich um einen "klassischen Geschäftsführerdienstvertrag" handelt, ob ein (unentgeltliches) Auftragsverhältnis nach §§ 662 ff. BGB oder auch ein Werkvertrag ("Beratervertrag") vorliegt. Entscheidend ist, dass der dem organschaftlichen Akt zugrunde liegende Vertrag die Erbringung von Geschäftsführertätigkeiten als Gegenstand regelt. Auch ist mit § 38 Abs. 3 GmbHG eine zu § 84 Abs. 3 AktG vergleichbare Möglichkeit zu einer Mandatspause geschaffen wurden.
Rz. 21
Das zuständige Organ (Gesellschafterversammlung) entscheidet gem. § 48 GmbHG durch Beschluss. Daraus folgt, dass als materielles Wirksamkeitserfordernis auch die Kündigung des Dienstvertrags des GmbH-Geschäftsführers eines rechtswirksamen Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf. Anders als im Aktienrecht kann es daher wegen der Möglichkeit einer unbefristeten Bestellung und damit der Möglichkeit eines unbefristet abgeschlossenen Geschäftsführerdienstvertrags auch zu einer ordentlichen Kündigung kommen.
Rz. 22
Dessen ungeachtet dürfte in der Praxis auch im GmbHR die außerordentliche (fristlose) Kündigung der praktische Regelfall sein, allein schon deshalb, weil die meisten Situationen, in denen eine GmbH sich von ihrem Geschäftsführer wieder trennen möchte, regelmäßig durch Sachverhalte gekennzeichnet sein dürften, die ein zeitnahes Handeln im Sinne der Gesellschaft erforderlich machen. Ähnlich wie § 84 AktG sieht § 38 Abs. 2 GmbHG Regelbeispiele für den nach dieser Vorschrift erforderlichen wichtigen Grund vor. Das GmbHG sieht als solche Gründe insbesondere grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung an. Anders als im Aktienrecht ist der bloße Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung kein gesetzlicher Regelfall.