Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 72
Mit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses hat das (ehemalige) Organ keinen Anspruch mehr auf Bezüge für eine aktive Tätigkeit. Ggf. bestehen Ansprüche auf Versorgungsbezüge. Der Vorstand/Geschäftsführer hat gem. §§ 675 ff., 259 BGB sämtliche Geschäftsunterlagen herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu. Ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung besteht (grundsätzlich) ebenfalls nicht. Der Vorstand/Geschäftsführer hat auch alle Ämter niederzulegen, die er nur aufgrund der Tätigkeit für die Gesellschaft erlangt hat. Ihm steht ein Zeugnis, auf Verlangen ein qualifiziertes Zeugnis gem. § 630 BGB, zu. Nach § 629 BGB hat der Vorstand/Geschäftsführer Anspruch auf Freizeitgewährung zur Stellungsuche. Ein auch privat genutzter Dienstwagen ist herauszugeben, es sei denn, der Dienstvertrag regelt Abweichendes. Die Frage, wie hinsichtlich des Anspruchs auf Resturlaub bzw. Urlaubsabgeltung zu verfahren ist, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Der Vorstand/Geschäftsführer ist bei schwebenden Geschäften und hinsichtlich von Vermögenswerten, die seitens der Gesellschaft überlassen wurden, verpflichtet, Rechnung zu legen. Der Vorstand/Geschäftsführer hat dann Wettbewerb zu unterlassen, wenn dies für die Zeit nach dem Ausscheiden durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (vgl. §§ 74 ff. HGB) wirksam vereinbart ist. Während des eventuellen Laufs einer Kündigungsfrist gelten die gesetzlichen Wettbewerbsverbote (vgl. § 88 AktG, § 60 HGB) auch bei erfolgter Freistellung.
Rz. 73
Im Zusammenhang mit dem Widerruf der Bestellung kann sich die Frage stellen, ob das (ehemalige) Organ verpflichtet ist, wenn durch den Widerruf der Organstellung das Dienstverhältnis nicht unmittelbar beendet worden ist, das Angebot zu einer anderen Beschäftigung im Unternehmen für die Restlaufzeit des Vertrags zu akzeptieren. Dies ist regelmäßig dann zu verneinen, wenn der Vertrag vorsieht, dass der Vorstand/Geschäftsführer nur Dienste als Organ schuldet. Weiterhin ist zu prüfen, ob bei Nichttätigwerden des Organs im Übrigen die Vorschrift des § 615 S. 2 BGB eingreift. Voraussetzung ist in jedem Fall das Vorliegen von Annahmeverzug der Gesellschaft. Dabei ist nach der Rspr. regelmäßig für den Eintritt des Annahmeverzugs der kündigenden Gesellschaft der Widerspruch des gekündigten Organs und ein wörtliches Angebot seiner Dienste notwendig. Letzteres ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Gesellschaft erkennen lässt, dass sie nicht bereit ist, den Vorstand/Geschäftsführer weiter zu beschäftigen, u.a. also, wenn die Gesellschaft ein anderes Organmitglied bestellt, dem bisherigen Organ Hausverbot erteilt oder etwa die Abgabe der überlassenen Schlüssel verlangt.
Rz. 74
Erzielt das gekündigte Organ anderweitigen Verdienst, dann muss sich der Vorstand/Geschäftsführer diesen nach § 615 S. 2 BGB anrechnen lassen, es sei denn, es sind anderweitige vertragliche Regelungen getroffen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Eingehung eines neuen Dienstverhältnisses trifft dabei die Gesellschaft. Der Vorstand/Geschäftsführer ist verpflichtet, die Dauer und die Höhe des erzielten Entgelts darzulegen. Die Anrechnung des anderweitigen Verdienstes erfolgt automatisch kraft Gesetzes, weswegen es keiner Erklärung bedarf.
Rz. 75
Unterschiedliche Auffassungen finden sich in der Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Organmitglied (dort: GmbH-Geschäftsführer) Schadensersatzansprüche nach § 628 Abs. 2 BGB dann geltend machen kann, wenn die Gesellschaft sich im Anstellungsvertrag schuldrechtlich zur Einräumung der Geschäftsführerstellung verpflichtet hat, dies dann aber unterlässt. Der BGH hat insoweit entschieden, dass der Widerruf der Bestellung eines GmbH-Geschäftsführers kein vertragswidriges Verhalten der Gesellschaft i.S.d. § 628 Abs. 2 BGB darstelle, während das BAG meint, dass die unterbliebene Bestellung trotz entsprechender vertraglicher Bestellungszusage eine Pflichtverletzung darstelle und zu Schadensersatzansprüchen nach § 628 Abs. 2 BGB führen könne.