Rz. 328

Mit Urt. v. 15.12.2009[492] hat der BGH entschieden, dass ein Darlehensvertrag und eine Kreditlebensversicherung (auch Restschuldversicherung genannt) ein verbundenes Geschäft darstellen können. Ein verbundenes Geschäft liege dann vor, wenn der Darlehens- und der Versicherungsvertrag die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 S. 1 BGB erfüllen. Dies bedeute, dass das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung der Prämie der Versicherung dienen muss, und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden müssen. Eine wirtschaftliche Einheit liege dann vor, wenn beide Verträge sich wechselseitig bedingen bzw. der eine seinen Sinn erst durch den anderen erhält. Dazu bedürfe es der Verknüpfung beider Verträge durch konkrete Umstände, die sich nicht wie notwendige Tatbestandsmerkmale umschreiben lassen, sondern im Einzelfall verschieden sein oder gar fehlen können, wenn sich die wirtschaftliche Einheit aus den anderen Umständen ergebe.[493] Zu diesen Indizien gehörten die Zweckbindung des Darlehens zur Finanzierung eines bestimmten Geschäfts, durch die dem Darlehensnehmer die freie Verfügung über die Darlehensvaluta genommen wird, der zeitgleiche Abschluss beider Verträge, das Verwenden einheitlicher Formulare mit konkreten wechselseitigen Hinweisen auf den jeweils anderen Vertrag, die Einschaltung derselben Vertriebsorganisation durch Darlehensgeber und Versicherer sowie das Abhängigmachen des Wirksamwerdens des Versicherungsvertrags vom Zustandekommen des Darlehensvertrag.

 

Rz. 329

Stellen der Darlehensvertrag und die Kreditlebensversicherung ein verbundenes Geschäft dar, führt der Widerruf des Darlehensvertrags dazu, dass sich der Darlehensvertrag gem. §§ 357 Abs. 1, 346 ff. BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt und dass der Darlehensnehmer gem. § 358 Abs. 2 S. 1 BGB nicht mehr an die Kreditlebensversicherung gebunden ist.[494] Der Darlehensnehmer hat gegen den Darlehensgeber einen Anspruch auf Rückzahlung des Nettokreditbetrags abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen. Hinsichtlich des Versicherungsvertrags ergeben sich die Rechtsfolgen des Widerrufs aus §§ 8, 48 c VVG a.F. bzw. § 9 VVG n.F., die als Sonderregelungen die Widerrufsfolgen gem. §§ 358, 357, 346 ff. BGB konkretisieren und den allgemeinen Vorschriften vorgehen.[495] Der Darlehensgeber kann von dem Darlehensnehmer nur einen um die kreditierte Versicherungsprämie reduzierten Darlehensbetrag zurückverlangen und muss sich im Innenverhältnis an den Versicherer wenden.[496] Entsprechend tritt der Darlehensgeber gegenüber dem Versicherer in die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag ein. Die Rückabwicklung der an den Versicherer geflossenen Leistungen erfolgt gem. § 358 Abs. 4 S. 3 BGB im Verhältnis zwischen dem Darlehensgeber und dem Versicherer. Der Darlehensgeber kann den Versicherer entsprechend auf den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämie in Rückgriff nehmen.[497]

Auch im Fall der Insolvenz des Darlehensnehmers hat die Rückabwicklung der Leistungen ausschließlich im Verhältnis Darlehensnehmer – Darlehensgeber sowie Darlehensgeber – Versicherer zu erfolgen.[498] Die gesetzliche Regelung solle nicht zu einer Bereicherung des Darlehensnehmers um einen Vermögenswert führen, der – wie die von dem Darlehensgeber an den Versicherer geflossenen Prämien – nie zu seinen Vermögen gehört habe. Der Darlehensnehmer solle vor den Risiken der Aufspaltung eines einheitlichen in zwei getrennte Geschäfte geschützt werden, dem Darlehensnehmer solle jedoch kein Aufspaltungsgewinn verschafft werden. Die Versicherungsprämie stamme wirtschaftlich gesehen aus dem Vermögen des Darlehensgebers, so dass der Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligt sei, wenn der Rückkaufswert an den Darlehensgeber zurückflösse.[499]

[492] BGH v. 15.12.2009 – XI ZR 45/09, NJW 2010, 531, 532 = VersR 2010, 469, 470.
[494] BGH v. 18.1.2011 – XI ZR 356/09, NJW 2011, 1063, 1064 = VersR 2011, 1024, 1025.
[495] BGH v. 15.12.2009 – XI ZR 45/09, NJW 2010, 531, 532 = VersR 2010, 469, 471; OLG Schleswig v. 17.3.2010 – 5 U 2/10, WM 2010, 1074, 1076; LG Bremen v. 27.8.2009 – 2 S 374/08, WM 2009, 2215, 2220.
[496] BGH v. 16.12.2009 – IV ZR 126/09, BeckRS 2010, 21675; BGH v. 18.1.2011 – XI ZR 356/09, NJW 2011, 1063, 1064 = VersR 2011, 1024, 1025.
[499] Jacob, jurisPR-VersR 4/2010 Anm. zu LG Düsseldorf v. 20.1.2010 – 23 S 99/09.

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