Rz. 516
Die Einräumung eines Bezugsrechts erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die Verfügungscharakter hat. Für die Änderung und Aufhebung eines Bezugsrechts gilt dies ebenfalls, mit der Einschränkung, dass bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht der Bezugsberechtigte zustimmen muss. Hieraus folgt auch, dass bei Benennung eines anderen Bezugsberechtigten im Versicherungsschein als im Antrag die Bezugsrechtsbestimmung des Antrags gilt, auch wenn der Versicherungsnehmer trotz Änderungshinweises des Versicherers der Änderung nicht widersprochen hat; § 5 VVG findet in diesem Fall keine Anwendung. Der schriftlichen Erklärung zur Einräumung, Änderung oder Aufhebung eines Bezugsrechts kommt die Beweiswirkung des § 416 ZPO (Beweiskraft von Privaturkunden) zu; diese erstreckt sich auch auf die Begebung einer schriftlichen Willenserklärung.
Rz. 517
Beruht die Einräumung eines Bezugsrechts auf einem Schenkungsversprechen, bedarf es zur Wirksamkeit der Schenkung der Form des § 518 Abs. 1 BGB. Der Mangel der Form wird beseitigt, wenn der Versicherungsnehmer durch Erklärung gegenüber dem Versicherer die Unwiderruflichkeit mit dinglicher Wirkung herbeiführt oder die Bezugsberechtigung bis zu seinem Tod nicht widerruft. Setzt der Versicherungsnehmer jedoch einen Bezugsberechtigten ein, ohne diesen davon zu unterrichten, können die Erben das Schenkungsangebot widerrufen; unabhängig von Formvorschriften war mangels Zugangs des Schenkungsangebots noch kein Schenkungsvertrag zustande gekommen. Dessen ungeachtet ist der Versicherer befugt, aufgrund der wirksamen Einräumung des Bezugsrechts die Versicherungsleistung an den Bezugsberechtigten zu erbringen. Insofern ist zwischen dem Deckungsverhältnis – der Einräumung des Bezugsrechts – und dem Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) streng zu unterscheiden. Allerdings entscheidet das Valutaverhältnis, ob der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den Erben des Versicherungsnehmers behalten darf. Wendet der Versicherungsnehmer als Erblasser die Todesfallleistung aus einem auf sein eigenes Leben abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag einem Dritten über ein widerrufliches Bezugsrecht schenkungsweise zu, so berechnet sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach dem Wert, den der Erblasser aus seiner Lebensversicherung in der letzten – juristischen – Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können. In der Regel sei dabei auf den Rückkaufswert abzustellen. Je nach Lage des Einzelfalls könne gegebenenfalls auch ein – objektiv belegter – höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein.
Rz. 518
Beachte
Einräumung, Änderung und Widerruf eines Bezugsrechts stellen eine Verfügung über ein Recht dar, kraft dessen der Betreute eine Geldleistung verlangen kann. Das hat zur Folge, dass die Einräumung, die Änderung sowie der Widerruf des Bezugsrechts grundsätzlich der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedürfen, wenn sie/er durch einen Betreuer erklärt werden (§ 1849 Abs. 1 BGB). Eltern bedürfen im Fall einer solchen Erklärung für einen minderjährigen Versicherungsnehmer keiner familiengerichtlichen Genehmigung, da § 1643 Abs. 1 BGB nicht auf § 1849 BGB verweist. Liegt der Einräumung, der Änderung oder dem Widerruf des Bezugsrechts als Grundgeschäft eine Schenkung der Eltern in Vertretung des Kindes zugrunde, ist diese Schenkung bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 1641 BGB unwirksam. Das Bezugsrecht ist von der Unwirksamkeit einer solchen Schenkung im Valutaverhältnis jedoch nicht erfasst.