Rz. 644
Die Durchführung des Ausgleichs von Anrechten aus der privaten Altersvorsorge, die auf eine Rente gerichtet sind, erfolgt grundsätzlich im Wege der sog. (system)internen Teilung gem. § 10 VersAusglG. Dies bedeutet, dass grundsätzlich für jedes Anrecht einer ausgleichspflichtigen Person, das in der Ehezeit erworben wurde, ein eigenes Anrecht der ausgleichsberechtigten Person in Höhe des Ausgleichswerts bei dem jeweiligen Versorgungsträger zu Lasten des Anrechts der ausgleichsverpflichteten Person geschaffen wird. Anders als nach der Rechtslage vor dem 1.9.2009 erfolgt damit kein Einmalausgleich im Wege einer Saldierung aller bestehenden Anrechte mehr. Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus Riester- und Basisrenten unterfallen unabhängig von der Leistungsform (Rente oder Kapitalleistung) immer dem Versorgungsausgleich (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 VersAusglG). Rentenleistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung fallen nur dann in den Versorgungsausgleich, wenn der Versorgungsfall während der Ehezeit eingetreten ist, und wenn die ausgleichsberechtigte Person am Ende der Ehezeit eine laufende Versorgung wegen Invalidität bezieht oder die gesundheitlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt (vgl. § 28 VersAusglG). Dies bedeutet, dass beide Ehegatten jeweils für sich die Voraussetzungen für den Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente erfüllen müssen. Sie werden schuldrechtlich ausgeglichen. Auch dann, wenn zu einer privaten Rentenversicherung ein Verwertungsausschluss nach § 168 Abs. 3 S. 1 VVG oder ein Verfügungsverbot nach § 168 Abs. 3 S. 2 VVG i.V.m. § 851c ZPO besteht, fällt eine private Rentenversicherung in den Versorgungsausgleich. Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt (§ 3 Abs. 3 VersAusglG).
Rz. 645
Beachte
Sobald ein Lebensversicherungsunternehmen als Versorgungsträger Kenntnis von einem Versorgungsausgleichverfahren erhält, darf das Lebensversicherungsunternehmen gem. § 29 VersAusglG bis zum wirksamen Abschluss des Verfahrens über den Versorgungsausgleich keinerlei Auszahlungen zu solchen Versicherungen mehr vornehmen, die dem Versorgungsausgleich unterfallen. Dies gilt jedoch nicht für Rentenleistungen, die der Versicherer im laufenden Rentenbezug an den Ausgleichsverpflichteten leistet. Kenntnis von dem Versorgungausgleichsverfahren erlangt ein Lebensversicherer regelmäßig mit dem Eingang des Auskunftsersuchens des Familiengerichts.
Rz. 646
Voraussetzung für den Ausgleich eines Anrechts ist, dass das Anrecht auch wirtschaftlich dem formal berechtigten Ehegatten zusteht. Bei Einräumung eines Bezugsrechts ist dabei danach zu unterscheiden, ob ein widerrufliches oder unwiderrufliches Bezugsrecht besteht: Besteht ein widerrufliches Bezugsrecht, steht das Anrecht dem Versicherungsnehmer zu, da dieser das Bezugsrecht jederzeit widerrufen kann. Hat der Versicherungsnehmer einen Dritten zum unwiderruflich Bezugsberechtigten bestimmt, ist das Anrecht diesem zuzurechnen, und ist nicht im Rahmen des Versorgungsausgleichs des Versicherungsnehmers auszugleichen. Hat der Versicherungsnehmer ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten seines Ehegatten bestimmt, ist das Anrecht dem unwiderruflich bezugsberechtigten Ehegatten zuzurechnen.
Rz. 647
Beachte
Besonderheiten gelten bei einer sog. "Kinderversicherung". Eine Kinderversicherung liegt vor, wenn ein Elternteil Versicherungsnehmer und das Kind versicherte Person sowie im Leistungsfall bezugsberechtigt ist. Ist das Kind unwiderruflich bezugsberechtigt, gilt das oben Gesagte und die Versicherung ist nicht im Rahmen des Versorgungsausgleichs des Elternteils auszugleichen. Ist das Kind lediglich widerruflich bezugsberechtigt, fällt die Versicherung dann nicht in den Versorgungsausgleich des Elternteils, wenn die Rentenleistung für einen Zeitpunkt vorgesehen ist, in dem das Kind altersbedingt aus dem aktiven Berufsleben ausscheidet. Es handelt sich in diesem Fall nicht um eine Altersversorgung des Elternteils, die in dessen Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist. Sieht die Versicherung einen Rentenbeginn im 74. Lebensjahr des Versicherungsnehmers vor, handelt es sich nach Auffassung des OLG Celle noch um eine Altersversorgung des Versicherungsnehmers.