Rz. 217
In der Kreditlebensversicherung wird häufig die Durchführung einer Gesundheitsprüfung durch die Anwendung einer Ausschlussklausel ersetzt, nach der Versicherungsschutz ausgeschlossen ist, wenn der Versicherungsfall auf konkret in der Ausschlussklausel aufgeführten gefahrrelevanten Umständen beruht, soweit diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vorhanden und der versicherten Person bekannt waren.
aa) Vereinbarkeit der Ausschlussklausel mit §§ 19, 32 VVG
Rz. 218
Die Vereinbarkeit einer Ausschlussklausel für gefahrrelevante Umstände in der Kreditlebensversicherung mit §§ 19, 32 VVG ist umstritten.
Rz. 219
So wird die Ansicht vertreten, dass derartige Risikoausschlussklauseln in der Kreditlebensversicherung zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 19 VVG abweichen und daher nach § 32 VVG unwirksam sind. Denn die Ausschlussklausel schließe nicht ein Risiko insgesamt aus, sondern knüpfe den Ausschluss eines Risikos an das Vorliegen eines Umstandes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, der – sähe man von dem Ausschluss ab – gefahrrelevant sei. Damit bezöge sich die Ausschlussklausel auf eben den Umstand, der auch Ausgangspunkt der §§ 19 ff. VVG sei. Die Unwirksamkeit gelte zunächst für Klauseln, die an Umstände anknüpften, die dem Versicherungsnehmer bzw. der versicherten Person bekannt seien. Diese Klauseln würden gegen § 32 VVG verstoßen, da sie zum einen verschuldensunabhängig Rechtsnachteile vorsähen und deshalb von den §§ 19 ff. VVG abwichen. Zum anderen ergebe sich eine Unterscheidung in der Rechtsfolge gegenüber der gesetzlichen Regelung, die den Versicherungsnehmer benachteilige. Die Klauseln sähen nicht ein – zeitlich befristetes – Rücktrittsrecht vor, sondern ermöglichten es dem Versicherer einerseits, an dem Vertrag festzuhalten, sähen andererseits aber dessen Leistungsfreiheit vor.
Rz. 220
Dem ist nicht zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, warum sich ein Versicherer nicht dafür entscheiden können soll, Versicherungsschutz nur für Todesfälle aufgrund bestimmter Risiken zu übernehmen und Todesfälle aufgrund anderer Ursachen vom Versicherungsschutz auszuschließen. Die Anzeigepflicht nach § 19 VVG dient ausschließlich dazu, dem Versicherer eine Grundlage für die Abschätzung des von ihm zu übernehmenden Risikos zu bieten. Schließt der Versicherer den Versicherungsschutz für ein bestimmtes Risiko von vornherein aus, besteht folglich keine Kollision mit § 19 VVG. Daher ist die Wirksamkeit von Risikoausschlussklauseln der genannten Art nicht grundsätzlich nach § 32 VVG oder nach § 307 Abs. 2 BGB wegen Abweichung vom gesetzlichen Typus ausgeschlossen.
bb) Vereinbarkeit der Ausschlussklausel mit dem Transparenzgebot
Rz. 221
Der BGH hat mit Urt. v. 7.2.1996 sowie mit Urt. v. 10.12.2014 bestimmte Ausschlussklauseln in der Kreditlebensversicherung wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt.
Rz. 222
In seinem Urt. v. 7.2.1996 hat der BGH folgende Ausschlussklausel für unwirksam erklärt:
Zitat
"ferner erstreckt sich der Versicherungsschutz nicht auf Gesundheitsstörungen, die die versicherte Person in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes hatte, wenn der Versicherungsfall innerhalb der nächsten 24 Monate seit Beginn des Versicherungsschutzes eintritt und mit diesen Gesundheitsstörungen in ursächlichem Zusammenhang steht".
Die Unwirksamkeit beruht nach den Urteilsgründen vor allem darauf, dass die Klausel nur an das Bestehen der Gesundheitsstörungen anknüpfte, während die vorvertragliche Anzeigepflicht weitergehend voraussetzen, dass der Umstand dem Versicherungsnehmer bzw. der versicherten Person bekannt ist. Die streitige Klausel lasse nicht erkennen, dass nur die dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung schon bekannten und bewussten Gefahrumstände, die binnen zwei Jahren zu Arbeitsunfähigkeit führen, den Ausschluss von Versicherungsschutz zur Folge haben sollen. Hinzu komme, dass der Versicherer den Zweck der Risikoprüfung verfehle. Er übernehme das ihm angetragene Risiko zunächst unbesehen. Erst nach Eintritt eines Versicherungsfalls wolle er das Risiko untersuchen und dann entscheiden, ob er zurücktrete und sich auf Leistungsfreiheit berufe. Die gesetzliche Regelung gebe das Rücktrittsrecht nur dem Versicherer, der eine Risikoprüfung durchgeführt habe.
Rz. 223
Mit Urt. v. 10.12.2014 hat der BGH die folgende Ausschlussklausel für unwirksam erklärt:
Zitat
"Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf die der versicherten Person bekannten ernstlichen Erkrankungen (das sind Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs, der Wirbelsäule und Gelenke, der Verdauungsorgane, Krebs, HIV-Infektion/Aids, chronische Erkrankungen) oder Unfallfolgen, wegen derer die versicherte Person in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherung...