Rz. 29
Besonders bei Kollegen und Kolleginnen, die nicht gerade in einer arbeitsrechtlichen Kanzlei arbeiten, gibt es immer wieder Unsicherheiten beim Thema Urlaub.
I. Dauer
Rz. 30
Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) beträgt der gesetzliche Urlaubsanspruch 24 Werktage. Unter Werktagen versteht man dabei die Wochentage von Montag bis Samstag, sodass es letztendlich einen gesetzlichen Mindestanspruch von vier Wochen Urlaub gibt. Dies gilt auch für Mitarbeiter, deren Arbeitstage lediglich Montag bis Freitag sind. Ist hingegen im Arbeitsvertrag von Arbeitstagen als Urlaub die Rede, so sind die tatsächlichen Arbeitstage (Montag bis Freitag) gemeint.
Rz. 31
Vertraglich können selbstverständlich mehr Urlaubstage vereinbart werden, bei den gesetzlichen Regelungen handelt es sich immer nur um den Mindesturlaubsanspruch.
Rz. 32
Der Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen = 4 Wochen gilt auch für Halbtagskräfte. Der Anspruch wird dabei an die Anzahl der Arbeitstage angepasst, sodass auch die Halbtagskraft einen vierwöchigen Mindesturlaubsanspruch erhält.
Rz. 33
Praxistipp:
Achten Sie immer genau auf die konkrete Formulierung im Arbeitsvertrag. Wurde der Urlaub in Form von Werktagen oder in Form von Arbeitstagen geregelt? Sollte der Urlaub in Form von Werktagen geregelt sein, so muss der Urlaubsanspruch um die Samstage bereinigt werden.
Bei einem Urlaubsanspruch von 24 Werktagen berechnen sich die Anzahl der Urlaubstage wie folgt:
bei einer 5-Tage-Woche: |
20 Arbeitstage, |
bei einer 4-Tage-Woche: |
16 Arbeitstage, |
bei einer 3-Tage-Woche: |
12 Arbeitstage, |
bei einer 2-Tage-Woche: |
8 Arbeitstage, |
bei einer 1-Tages-Woche: |
4 Arbeitstage. |
Rz. 34
Sollte eine Schwerbehinderung vorliegen, so erhöht sich der Mindesturlaubsanspruch um eine weitere Woche gem. § 125 Sozialgesetzbuch (SGB) IX.
II. Wartezeit
Rz. 35
Häufig wird übersehen, dass ein Urlaubs(gewährungs)anspruch gem. § 4 BurlG erst nach Ablauf von sechs Monaten besteht. Während der Wartezeit "sammelt sich" natürlich ein anteiliger Urlaubsanspruch an, der Arbeitnehmer hat jedoch noch keinen Anspruch auf Gewährung des Urlaubs.
Aus Kulanzgründen wird häufig auch während dieser Wartezeit dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Urlaub eingeräumt. Steht ein Urlaub demnächst an, sollte man dies auch in möglichen Vertragsverhandlungen bei Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses direkt ansprechen und bestätigen lassen.
III. Teilurlaub
Rz. 36
§ 5 BurlG sieht in folgenden drei Fällen einen Anspruch auf Teilurlaub vor:
▪ |
Der Arbeitnehmer scheidet innerhalb der Wartezeit aus. |
▪ |
Der Arbeitnehmer erfüllt die Wartezeit im Kalenderjahr nicht. |
▪ |
Der Arbeitnehmer scheidet nach Erfüllen der Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus. |
Rz. 37
In allen o.g. Fällen wird der Urlaubsanspruch durch die Zahl 12 geteilt und das Ergebnis mit der Anzahl der Monate multipliziert, die der Arbeitnehmer in der Kanzlei beschäftigt war.
Rz. 38
Beispiel:
Frau M ist seit mehreren Jahren in der Kanzlei K angestellt und hat einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Sie scheidet aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung zum 30.4.2018 aus. Der Arbeitsvertrag enthält keine Regelung zum Teilurlaub.
Sie hätte für das Jahr 2018 einen gesetzlichen Teilurlaubsanspruch erworben. Dieser würde sich wie folgt berechnen:
30 Urlaubstage |
= Urlaubsanspruch von 2,5 Tagen pro Monat |
12 |
Da Frau M vier Monate gearbeitet hat, hätte sie demnach einen Urlaubsanspruch von zehn Tagen (2,5 × 4).
Rz. 39
Alternative:
Wie wäre es jedoch, wenn das Arbeitsverhältnis erst am 31.7.2018 enden würde?
Ein Teilurlaub kommt hier nicht infrage. §§ 4, 5 Abs. 1 Buchst. e) BUrlG ist hier eindeutig. Bei einem Ausscheiden des Arbeitsnehmers in der zweiten Jahreshälfte ist grundsätzlich der volle Urlaub zu gewähren.
Rz. 40
Das Vorgesagte gilt jedoch nur uneingeschränkt für den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch nach § 5 BUrlG und darüber hinaus auch für den vertraglichen "Mehr"-Urlaub, soweit eine Quotelung bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte nicht vereinbart worden ist (wie im obigen Fallbeispiel).
In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass eine Quotelung hinsichtlich des den gesetzlichen Urlaubsanspruch übersteigenden vertraglichen Urlaubsanspruches beim Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte vereinbart wird. Eine solche Vereinbarung ist zulässig und könnte wie folgt aussehen:
Formulierungsbeispiel: Quotelung "Mehrurlaub" für den Arbeitsvertrag
Endet das Arbeitsverhältnis im zweiten Kalenderhalbjahr, steht der/dem Arbeitnehmer/in im Hinblick auf seinen/ihren den gesetzlichen Urlaubsanspruch übersteigenden (vertraglichen) Urlaubsanspruch nur ein anteiliger Urlaubsanspruch zu. Dasselbe gilt hinsichtlich des gesamten Urlaubsanspruchs (gesetzlich und vertraglich) für den Fall eines Ausscheidens im ersten Kalenderhalbjahr oder wenn das Arbeitsverhältnis insgesamt kürzer als sechs Monate besteht. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der/die Arbeitnehmer/in zunächst den gesetzlichen Urlaubsanspruch und erst nachdem dieser vollständig genommen wurde, den vertraglichen ...