Rz. 55

Arbeitnehmer haben grds. im Krankheitsfall Anspruch auf Lohnfortzahlung für maximal sechs Wochen. Um kleine bzw. mittelständische Betriebe zu entlasten, wurde jedoch seit 2006 die sog. Umlage U1 für Arbeitgeber mit bis zu regelmäßig 30 Beschäftigten – erstmals seit diesem Zeitpunkt auch einschließlich der Angestellten – eingeführt. Durch die Ausweitung der Umlage auf die Gruppe der Angestellten sind die meisten Kanzleien umlagepflichtig. Im Krankheitsfall können die an diesem Umlageverfahren teilnehmenden Kanzleien einen Erstattungsantrag stellen und erhalten bis zu 80 % des fortgezahlten Arbeitsentgelts von der Krankenkasse erstattet.

 

Rz. 56

Die Teilnahme am Ausgleichverfahren entsteht dabei kraft Gesetzes und ist nicht von einem förmlichen Feststellungsbescheid abhängig. Der Arbeitgeber hat lediglich Einfluss darauf, seine Umlagekosten zu minimieren, indem er einen häufig von den Krankenkassen angebotenen geminderten U1-Betrag entrichtet.

 

Rz. 57

Das Stellen dieses Erstattungsantrags fällt meist in die Zuständigkeit des Sekretariats.

Auch hier bedarf es wieder einiger arbeitsrechtlicher Grundlagen:

Die Kanzlei hat nur einen Erstattungsanspruch auf Umlage U1, wenn die Voraussetzungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz vorliegen:

1. Der Mitarbeiter muss mindestens vier Wochen ununterbrochen beschäftigt sein, da dann gem. § 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz erst ein Fortzahlungsanspruch des Arbeitsnehmers im Krankheitsfall existiert.
2.

Es wird lediglich ein U1-Betrag für einen maximalen Zeitraum von sechs Wochen erstattet.

Dabei gilt der Grundsatz, dass die Zeiten zusammengerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten infolge derselben Krankheit wiederholt arbeitsunfähig war. War der Arbeitnehmer zwischen zwei Arbeitsunfähigkeitszeiten jedoch infolge derselben Krankheit mindestens sechs Monate wieder arbeitsfähig, so erwirbt der Arbeitsnehmer einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis längstens sechs Wochen (§ 3 EFZG).

3. Die ärztliche Krankschreibung (AU) muss vor Antragstellung vom Arbeitnehmer bei der Krankenkasse eingereicht worden sein, ansonsten kommt es zu einer entsprechenden Zwischenverfügung. Ist jedoch der Arbeitnehmer nur ein bis drei Tage krank, kann auch ein U1-Erstattungsantrag ohne das Vorliegen einer Krankschreibung bei der Krankenkasse gestellt werden, da er nach § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz eine ärztliche Bescheinigung grundsätzlich erst vorlegen muss, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage (Achtung: nicht Arbeitstage) andauert.
 

Rz. 58

Die entsprechenden Erstattungsanträge können an die jeweilige Krankenkasse nur noch in elektronischer Form z.B. über das kostenlose Programm SV-Net oder über die gängigen Softwareprogramme wie Lexware oder DATEV übermittelt werden.

 

Rz. 59

Beim Ausfüllen der entsprechenden SV-Net-Anträge ergibt sich meist das Problem, wie man das fortgezahlte Entgelt berechnet. Bei den gängigen Softwarelösungen erfolgt die Berechnung der Erstattungsbeträge jedoch automatisch auf der Grundlage des hinterlegten Gehalts und der eingetragenen Fehlzeiten.

 

Rz. 60

Zunächst gilt das Bruttoarbeitsentgeltprinzip, d.h. es ist das Bruttoarbeitsentgelt (einschließlich der Lohn- und Kirchensteuer und des Versichertenanteils zu den Sozialversicherungen) im arbeitsrechtlichen Sinne anzusetzen. Zuschläge für Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Leistungen, die als Ersatz für Aufwendungen des Arbeitsgebers dienen, z.B. Fahrtkostenzuschüsse oder Kindergartenzuschüsse, gelten hingegen nicht als Arbeitsentgelt.

 

Rz. 61

Überstunden werden nur dann berücksichtigt, wenn sie in der Vergangenheit regelmäßig angefallen sind und dies ohne die Arbeitsunfähigkeit auch weiterhin der Fall gewesen wäre.

 

Rz. 62

Die Berechnung der Umlage U1-Erstattungsbetrag erfolgt daher auch nach der Formel, die wir bereits aus der Berechnung der Urlaubsabgeltung kennen.

 
  Bruttolohn der letzten 13 Wochen (= 3 Monatsgehälter)
  Arbeitstage der letzten 13 Wochen (bei einer 5-Tage-Woche = 65 Tage)
 

Beispiel:

Frau M ist insgesamt fünf Wochen im Zeitraum vom 27.10. bis 28.11. krank. Sie hat ein Grundlohn von 2.500,00 EUR brutto bei einer 5-Tage-Woche und hat in den letzten Monaten regelmäßig Überstunden geleistet. Die Überstunden wurden im August mit 500,00 EUR brutto, im September mit 600,00 EUR brutto und im Oktober mit 450,00 EUR brutto abgerechnet. Das Gesamtbruttogehalt beträgt demnach in den letzten 3 Monaten 9.050,00 EUR. Teilt man diesen Betrag nach der oben stehenden Formel durch die Anzahl der Arbeitstage der letzten 13 Wochen, hier 65 Arbeitstage, kommt man zu einem Tagesverdienst von 139,23 EUR brutto.

Diesen Tagesverdienst muss man jetzt nur noch mit der Anzahl der fehlenden Arbeitstage multiplizieren (hier waren es 5 Wochen = 25 Tage), sodass man zu einem Entgeltfortzahlungsbetrag von 3.480,77 EUR kommt.

Dies ist jedoch nicht der Erstattungsbetrag. Je nach Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Krankenversicherung und Zahlung des entsprechenden Umlagebetrags ergibt sic...

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