Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 52
Kurios, wenn bei Gericht zwar ein Dokument, jedoch ohne Inhalt, eingeht:
Gegen ein Urteil des Landgerichts (Zustellung: 26.4.2021) wurde am 26.5.2021 beim OLG aus dem beA des Prozessbevollmächtigten eine PDF-Datei zusammen mit der beglaubigten Abschrift des erstinstanzlichen Urteils sowie eine Datei mit dem Namen "BERUFUNG.pdf.p7s" eingereicht, die keinen Inhalt hatte. Zu diesem Eingang war hinter dem Dateinamen im Prüfvermerk des OLG angegeben: "Keine Prüfung möglich, da keine Inhaltsdaten zugeordnet werden konnten."
Rz. 53
Das Berufungsgericht teilte den Prozessbevollmächtigten einen Tag später mit, dass eine Berufung nicht übermittelt worden sei; am Vormittag desselben Tages wurde die versäumte Prozesshandlung nachgeholt; am 10.6.2021 Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsmittelfrist beantragt. Zur Entschuldigung wurde im Wiedereinsetzungsverfahren vorgetragen, dass der Prozessbevollmächtigte nach Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur zur Berufungsschrift seine stets zuverlässige ReFa mit der elektronischen Übermittlung an das Berufungsgericht betraut und diese angewiesen habe, den Sendevorgang auch zu überwachen. Bei der Prüfung des im beA einsehbaren Sendeberichts nach abgeschlossenem Sendevorgang übersah die Mitarbeiterin jedoch versehentlich, dass lediglich die Signatur übermittelt worden sei, nicht aber auch die Berufungsschrift. Erst durch den Hinweis der Geschäftsstelle des Berufungssenats sei das Versehen am Folgetag bemerkt und sodann unverzüglich korrigiert worden.
Rz. 54
Aufgrund der Büroorganisation des Prozessbevollmächtigten hatte die Rechtsanwaltsfachangestellte (seit über drei Jahren für die Kanzlei tätig) den Auftrag, die "Sendeberichte elektronischer Post" stets genauestens zu kontrollieren, und ggf. bei der Gegenstelle Erkundigungen über den Sendevorgang einzuholen. Dabei war sie auch beauftragt, die Sendeberichte insbesondere auf Fehlercodes und anhand der Dateinamen die Art der Schriftsätze zu überprüfen. Dies sei jedoch unterblieben. Die Mitarbeiterin würde darüber hinaus auch regelmäßig kontrolliert. Zur Glaubhaftmachung wurden eine eidesstattliche Versicherung der ReFa sowie Screenshots aus dem beA des Prozessbevollmächtigten vorgelegt. Die Wiedereinsetzung wurde nicht gewährt, die Berufung verworfen, der BGH entschied sodann auf Grundlage der eingereichten Rechtsbeschwerde.
Rz. 55
Die Entscheidung:
Nach Ansicht des BGH war die zwar statthafte Rechtsbeschwerde jedoch unzulässig, da eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sei. Nach Ansicht des BGH war im Verfahren nicht glaubhaft gemacht, dass die Frist ohne Verschulden des Prozessbevollmächtigten, das der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen ist, an der Einhaltung der Berufungsfrist gehindert gewesen sei. Zum wiederholten Male hielt der BGH fest, dass die Grundsätze für die Übersendung von Schriftsätzen per Telefax auch auf die Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA im Wesentlichen zur Anwendung kommen. Auch in dieser Entscheidung hielt der BGH, wie auch schon in früheren Entscheidungen, fest, dass die Postausgangskontrolle anhand der Eingangsbestätigung, die gem. § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO automatisiert erteilt wird, zu erfolgen hat, und für den Fall, dass diese ausbleibt, dies den Anwalt zur Überprüfung und ggf. erneuten Übermittlung veranlassen muss.
Rz. 56
So entschied der BGH:
Zitat
"Es fällt deshalb in den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts, das in seiner Kanzlei für die Versendung fristwahrender Schriftätze über das beA zuständige Personal dahingehend anzuweisen, Erhalt und Inhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO nach Abschluss des Übermittlungsvorgangs stets zu kontrollieren. Wenn das Übermittlungsprotokoll nicht im Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll" den Meldetext "request excecuted" und unter dem Unterpunkt "Übermittlungsstatus" die Meldung "erfolgreich" anzeigt, darf nicht von einer erfolgreichen Übermittlung des Schriftsatzes an das Gericht ausgegangen werden. Die Einhaltung der entsprechenden organisatorischen Abläufe in der Kanzlei hat der Rechtsanwalt zumindest stichprobenweise zu überprüfen (BGH, Beschl. v. 11.5.2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 201 Rn 24 m.w.N.)."
Rz. 57
Die Kontrolle allein des Signaturvorgangs gem. § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO reicht für eine ordnungsgemäße Postausgangskontrolle somit nicht aus. So hält der BGH denn auch fest, dass auch nach einer erfolgreichen Signaturanbringung die Möglichkeit verbleibt, dass ein Fehler beim Upload der signierten Datei auftritt und diese an das Gericht nicht lesbar übermittelt werden kann. In den Entscheidungsgründen hält der BGH zusätzlich fest, dass die Rechtsprechung zu Telefax oder Post, dass eine nachträgliche inhaltliche Durchsicht der übermittelten Schriftsätze im Rahmen der Postausgangskontrolle von der höchstrichterlichen Rechtspre...