Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 397
Ist der Versorgungsausgleich durchgeführt, ergeben sich Konsequenzen für den Rentenbezug. Diese treten allerdings nicht direkt mit der Rechtskraft der Scheidung ein, sondern mit zeitlicher Verzögerung im Rentenfall. Erst dann bezieht der Ausgleichsberechtigte aufgrund der im Versorgungsausgleich zu seinen Gunsten übertragenen anteiligen Anrechte eine höhere Rente bzw. eine zusätzliche Rente von einem anderen Versorgungsträger.
Rz. 398
Für den Ausgleichspflichtigen erfolgt aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs grds. mit Beginn seines Rentenbezugs eine entsprechende Kürzung seiner Rente; entsprechendes gilt auch für die Pensionen der Ruhestandsbeamte.
Rz. 399
Praxistipp:
Wird die Altersversorgung des einen Ehegatten bereits gekürzt, erhält der andere Ehegatte aber noch keine – erhöhte – Altersversorgung, weil bei ihm der Rentenfall noch nicht eingetreten ist, muss die Möglichkeit der Aussetzung der Kürzung nach § 33 VersAusglG geprüft werden.
I. Inhalt der Regelung des § 33 VersAusglG
Rz. 400
Der Ausgleichpflichtige erhält, obwohl der Berechtigte davon noch keinen Vorteil hat, nur eine gekürzte Versorgung. Der Berechtigte hat durch die Kürzung des Versorgungsausgleichs einen geringeren Unterhaltsanspruch. § 33 VersAusglG regelt die Anpassung nach Rechtskraft der Scheidung.
Rz. 401
Die Vorschrift ist unabhängig davon anzuwenden, ob der Berechtigte nur deshalb keinen Unterhalt erhält, weil der Verpflichtete wegen der Kürzung seiner Versorgung nicht leistungsfähig ist und ermöglicht eine Aussetzung der Kürzung, solange der ausgleichsberechtigte Ehegatte noch keine Versorgungsleistungen aus den übertragenen Anrechten bezieht, allerdings nur in Höhe des Unterhaltsanspruchs. Die Kürzung einer laufenden Versorgung wegen Unterhalt kann befristet oder für künftige Zeiträume gestaffelt ausgesetzt werden.
Unterhaltansprüche einer anderen als der im Versorgungsausgleich ausgleichsberechtigten Person rechtfertigen keine Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung.
Rz. 402
Auch § 33 VersAusglG enthält eine Bagatellklausel. Nach § 33 Abs. 2 VersAusglG findet eine Anpassung nur statt, wenn die Kürzung am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße mindestens 2 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert mindestens 240 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV betragen hat.
Da sich die Bagatellgrenze nach den Werten "am Ende der Ehezeit" richtet, kann bereits im Zeitpunkt der Scheidung beurteilt werden, ob ein Antrag auf Anpassung zulässig ist.
Rz. 403
Da die Kürzung nur noch in Höhe des Unterhalts ausgesetzt wird, ist eine Berechnung nach den unterhaltsrechtlichen Regelungen erforderlich.
II. Verfahrensfragen
Rz. 404
Über die Anpassung und die Abänderung entscheidet das Familiengericht (§ 34 Abs. 1 VersAusglG). Antragsberechtigt sind die ausgleichspflichtige und die ausgleichsberechtigte Person (§ 34 Abs. 2 S. 1 VersAusglG). Die Abänderung einer Anpassung kann auch von dem Versorgungsträger verlangt werden (§ 34 Abs. 2 S. 2 VersAusglG).
Rz. 405
Praxistipp:
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Da die Anpassung erst ab dem Ersten des Monats erfolgt, der auf den Monat der Antragstellung folgt (§ 34 Abs. 3 VersAusglG), ist ggf. Eile geboten. |
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Bei dem Verfahren nach § 33 VersAusglG handelt es sich um ein Verfahren über den Versorgungsausgleich i.S.d. §§ 218 ff. FamFG, also um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für das kein Anwaltszwang besteht. |
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Demgegenüber gelten für das Verfahren, in dem der Unterhalt zwischen den Eheleuten verbindlich entschieden wird, die Bestimmungen der §§ 231 ff. FamFG, sowie weithin die Vorschriften der ZPO, da es sich hierbei um eine Familienstreitsache handelt (§§ 112, 113 Abs. 1 FamFG). |