Rz. 52
Der Bundesgerichtshof berücksichtigt, dass die Reparatur des dem Geschädigten vertrauten Fahrzeugs sein Integritätsinteresse regelmäßig in stärkerem Maße befriedigt als eine Ersatzbeschaffung. Er entscheidet bisher in ständiger Rechtsprechung dahin, dass solche Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden, die den Aufwand für eine Ersatzbeschaffung in Grenzen übersteigen. Der Toleranzbereich hat sich dahin eingependelt, dass Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden können, die den Wiederbeschaffungswert bis zu 30 % übersteigen. Für diese Rechtsprechung sprechen gute Gründe. Halter mit eingeschränkter finanzieller Ausstattung werden insbesondere bei der Beschädigung eines älteren Fahrzeugs mit einem Ersatz in Höhe des Wiederbeschaffungsaufwands häufig keinen angemessenen Ersatz beschaffen können. Hinzu kommt, dass der Eigentümer eines Kraftfahrzeugs ein Interesse daran haben kann, sein gewohntes Fahrzeug weiter zu fahren. Er weiß, wie dieses ein- und weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden ist, ob und welche Mängel dabei aufgetreten und auf welche Weise sie behoben worden sind. Demgegenüber sind dem Käufer eines Gebrauchtwagens diese Umstände, die dem Fahrzeug ein individuelles Gepräge geben, zumeist unbekannt. Diese Gesichtspunkte sind zu berücksichtigen, weil sich das Integritätsinteresse des Geschädigten nicht nur in dem Wunsch auf reine Herstellung der Mobilität mit einem gleichwertigen Pkw erschöpft.
Rz. 53
Mit Recht verlangt der Bundesgerichtshof aber, dass Anhaltspunkte vorliegen müssen, aus denen sich ergibt, dass der Geschädigte die den Wiederbeschaffungswert übersteigenden Reparaturkosten tatsächlich zur Befriedigung seines Integritätsinteresses aufgewendet hat. Dazu ist zunächst erforderlich, dass der Schaden nicht fiktiv, sondern konkret abgerechnet wird. Wenn die Kosten über dem Wiederbeschaffungswert liegen, ist eine fiktive Abrechnung auf Reparaturkostenbasis oder eine Abrechnung auf Basis einer Ersatzbeschaffung nur in Höhe des Wiederbeschaffungsaufwands möglich.
Rz. 54
Übersteigt der Kraftfahrzeugschaden den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, können dem Geschädigten Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen, grundsätzlich nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt. Anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt. Dafür, ob die vom Sachverständigen kalkulierten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, ist in der Regel auf die Bruttoreparaturkosten abzustellen. Die Reparatur muss fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt werden, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Reparaturkosten für eine Teilreparatur, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen und den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, können in diesen Fällen ebenfalls nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt; anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt.
Rz. 55
Um sein Integritätsinteresse hinreichend zum Ausdruck zu bringen und auf Reparaturkostenbasis abrechnen zu können, muss der Geschädigte sein Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzen und zwar auch dann, wenn eine konkrete Abrechnung aufgrund einer in einer Fachwerkstatt erfolgten vollständigen und fachgerechten Reparatur erfolgt. Repariert der Geschädigte den Schaden in Eigenregie, gilt nichts anderes.