A. Allgemeines
I. Testamentsvollstrecker als Treuhänder
Rz. 1
Die Anordnung der Testamentsvollstreckung ermöglicht dem Erblasser eine weitreichende Einflussnahme über den Tod hinaus. Aufgrund immer umfangreicherer Nachlässe und komplexerer Familienstrukturen gewinnt sie immer mehr an Bedeutung. Der Testamentsvollstrecker ist nicht gesetzlicher Vertreter der Erben, weil er "für den Nachlass" handelt, aber auch nicht gesetzlicher Vertreter des Nachlasses, weil dieser kein Rechtssubjekt ist. Er ist vielmehr "Treuhänder und Inhaber eines privaten Amtes", das ihm der Erblasser verliehen hat.
II. Erblasser als Treuhandbegründer
Rz. 2
Die Treugeberposition ist mehrfach gespalten, zunächst qualitativ in die Rollen des Treuhandbegründers und des Treuhandbegünstigten. Begründer des Treuhandverhältnisses ist der Erblasser, an dessen Anordnungen und Interessen sich der Testamentsvollstrecker bei der Ausübung seines Amtes zu orientieren hat. Er ist mit einem die Erben verdrängenden Verwaltungsrecht eigener Art ausgestattet; dieses Recht erlangt er mit Annahme seines Vollstreckeramtes und verliert es ohne Weiteres mit Beendigung seines Amtes.
Rz. 3
Auf Antrag jedes einzelnen Miterben kann jedoch eine konkrete Verwaltungsanordnung des Erblassers außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlass erheblich gefährden würde, § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB. Nach gängiger Auffassung kann eine Verwaltungsanordnung überdies auch dann außer Kraft gesetzt werden, wenn sie einen oder mehrere Miterben wirtschaftlich gefährdet. Wollte der Erblasser durch die Verwaltungsanordnung die wirtschaftliche Grundlage des Erben sicherstellen, so kann sie außer Kraft gesetzt werden, wenn durch ihre Befolgung die wirtschaftliche Lage des Erben und damit die Zweckbestimmung des Nachlasses erheblich gefährdet werden würde. Zum Schutz des Erben ist das Nachlassgericht nicht dazu befugt, Anordnungen im Nachhinein, also nach erfolgter Abweichung seitens des Testamentsvollstreckers, außer Kraft zu setzen, weil der Testamentsvollstrecker ansonsten allzu leicht vollendete Tatsachen schaffen könnte. In dringenden Fällen ist vielmehr eine einstweilige Anordnung im Außerkraftsetzungsverfahren vor dem Nachlassgericht zu beantragen.
III. Miterben als Treuhandbegünstigte
Rz. 4
Treuhandbegünstigte sind die mit der Testamentsvollstreckung belasteten Miterben, denen der Nachlass vom Erblasser zugewendet wurde; die Treugeberposition ist also gleichsam auch quantitativ gespalten. Sie sind zwar Rechtsträger des Nachlasses und sollen die Vorteile aus der Testamentsvollstreckung genießen, haben jedoch keine Befugnis zur Verwaltung des Nachlasses, §§ 2205, 2212 BGB. Testamentsvollstreckung ist somit also ein Verwaltungsrecht an fremdem Vermögen. Der Testamentsvollstrecker hat gegenüber den mit der Testamentsvollstreckung belasteten Miterben eine sehr starke Position, weil er keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegt: Das Nachlassgericht ist nur zur Auflösung von Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Vollstreckern berufen, § 2224 BGB. Auch das Familien- oder Betreuungsgericht kontrolliert den Testamentsvollstrecker, der den Nachlass für einen minderjährigen Erben verwaltet, nicht, denn der Vollstrecker handelt aus eigenem Recht und bedarf deshalb nicht der gängigen familiengerichtlichen oder vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen.
B. Miterben als Testamentsvollstrecker
I. Einzelner Miterbe als Testamentsvollstrecker
Rz. 5
Nach gängiger Auffassung kann ein Alleinerbe nicht alleiniger Testamentsvollstrecker sein. Etwas anderes gilt für Miterben: Der Erblasser kann einen Miterben zum Testamentsvollstrecker ernennen. Dann stellt sich die Frage nach dem Umfang der Testamentsvollstreckung: Ist sie als Erbteilstestamentsvollstreckung nur für die Erbteile der anderen Miterben angeordnet oder ist auch der Erbteil des Testamentsvollstreckermiterben mit der Testamentsvollstreckung belastet? Hier ist (wie stets) vorrangig der Wille des Erblassers maßgeblich. Bei einer Erbengemeinschaft aus überlebendem Ehegatten und Kindern mit dem Ehegatten als Testamentsvollstrecker wird bspw. eine Erbteiltestamentsvollstreckung für die Erbteile der Kinder angeordnet sein. Ansonsten wird wegen der möglichen Konflikte zwischen der Rolle als Erbe und Testamentsvollstrecker im Zweifel die Testamentsvollstreckung nur für die Erbteile der anderen Miterben angeordnet sein.
II. Mehrere Miterben als Testamentsvollstrecker
Rz. 6
Der Erblasser kann mehrere Testamentsvollstrecker ernennen und dabei auch mehrere oder alle Miterben als Vollstrecker vorsehen, alleine oder zusammen mit Nichterben. Dabei sollte er die Aufgaben...