Rz. 196
Da der AWH-Standard auf der Ertragswertmethode aufbaut, sind auch bei seiner Anwendung die nachhaltigen Erträge des Unternehmens zu kapitalisieren. Betrachtet wird hierbei der durchschnittliche Ertrag der letzten drei bis fünf Wirtschaftsjahre vor dem Bewertungsstichtag.
Bei der Analyse der Gewinn- und Verlustrechnungen sind außerordentliche Aufwendungen und außerordentliche Erträge zu eliminieren bzw. zu korrigieren. Dies gilt insbesondere für
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Einstellungen in die Rücklagen, |
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(Sonder-)Abschreibung, |
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Verkauf von Anlagevermögen unter Buchwert, |
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einmalige/überdurchschnittlich hohe Forderungsausfälle, |
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nicht durch Versicherungen ersetzte Schäden, |
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überhöhte Einstellungen in Rückstellungen |
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Auflösung von Anspar-Abschreibungen, |
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Verkauf von Anlagevermögen über Buchwert, |
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Versicherungsentschädigungen über Buchwert, |
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Erträge aus Herabsetzung der Pauschalwertberichtigungen. |
Soweit Aufwendungen, beispielsweise Kfz-Kosten oder auch Telekommunikationsentgelte, auf private Veranlassung zurückzuführen sind (nicht im Betrieb genutzte Fahrzeuge, unnötig großer/teurer Wagen für den Inhaber), sind auch diese Aufwendungen entsprechend zu korrigieren.
Rz. 197
Mitunter sind die verbuchten Aufwendungen auch durch sog. kalkulatorische Kosten, also betriebswirtschaftlich richtige Werte, zu ersetzen. In diesem Bereich sind insbesondere der kalkulatorische Unternehmerlohn (vgl. oben Rdn 171), die kalkulatorischen Zinsen, die kalkulatorische Miete und die kalkulatorischen Abschreibungen zu nennen.
Rz. 198
Der Ansatz kalkulatorischen Zinsen– unabhängig von der tatsächlichen Finanzierung des Unternehmens – dient dazu, den entgangenen anderweitigen Nutzen des im betriebsnotwendigen Vermögen gebundenen (Eigen-)Kapitals als Opportunitätskosten zu erfassen und so gerade bei hohen Eigenkapitalquoten eine angemessene Berücksichtigung des finanziellen Engagements sicherzustellen.
Basis hierfür ist die Summe des gebundenen betriebsnotwendigen Vermögens. Die konkrete Art der Finanzierung sowie das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital bleiben unberücksichtigt. Die tatsächlich in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Zinsaufwendungen und Zinserträge sind durch die kalkulatorischen Zinsen zu ersetzen. Der hierbei anzunehmende Zinssatz entspricht dem jeweiligen Basiszinssatz, der auf die Summe aus dem betriebsnotwendigen Anlagevermögen und dem durchschnittlich gebundenen Umlaufvermögen abzüglich der Fremdkapitalbeträge, die durchschnittlich zinsfrei zur Verfügung stehen (z.B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen), anwendet wird.
Rz. 199
Die kalkulatorische Miete entspricht dem Mietwert ortsüblicher Werkstatt-, Lager- und Büroraummieten für Flächen, die zum Betrieb des konkreten Unternehmens betriebswirtschaftlich sinnvoll anzumieten wären. Der Ansatz der kalkulatorischen Miete bedingt, dass im Gegenzug alle Aufwendungen, die sich auf den Grund und Boden sowie aufstehende Gebäude beziehen (insbesondere Abschreibungen) aus der Gewinn- und Verlustrechnung eliminiert werden müssen. Gleiches gilt für entsprechende Mietaufwendungen. Insoweit ist jedoch anzumerken, dass die kalkulatorische Miete durchaus den tatsächlichen Aufwendungen für Miete bzw. für Grund und Boden entsprechen kann.
Rz. 200
Der Ansatz kalkulatorischer Abschreibungen bewirkt, dass die tatsächlich in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werte durch betriebswirtschaftlich angemessene Werte ersetzt werden. Die kalkulatorischen Abschreibungen betreffen insbesondere Lizenzen, Beteiligungen, technische Anlagen und Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Betriebsfahrzeuge und geringwertige Wirtschaftsgüter. Der Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen sind die jeweiligen Wiederbeschaffungskosten der abzuschreibenden Wirtschaftsgüter zugrunde zu legen; die seit der ursprünglichen Anschaffung im konkreten Betrieb vorgenommenen Abschreibungen spielen keine entscheidende Rolle. Daher sind also auch für Wirtschaftsgüter, die bereits seit Jahren nur noch einen marginalen Restbuchwert haben, kalkulatorische Abschreibungen anzusetzen.
Rz. 201
Nach Durchführung der vorstehend genannten Korrekturen ergibt sich – für jedes Jahr des Beobachtungszeitraums – ein bereinigter Jahresertrag. Aus den Jahreserträgen des Beobachtungszeitraums ist nun eine Prognose für die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens abzuleiten. Da man unterstellt, dass dem Ergebnis des letzten betrachteten Geschäftsjahres die höchste Prognosegüte zukommt, werden durch Gewichtungsfaktoren die Ergebnisse des letzten Geschäftsjahres stärker bewertet als die weiter zurückliegender Jahre. Der nachhaltig erzielbare und zu kapitalisierende Jahresertrag stellt sich also als der gewogene Durchschnitt der in den Jahren des Beobachtungszeitraums erzielten Jahreserträge dar.
Rz. 202
Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich im Wesentlichen aus vier Faktoren zusammen: dem Basiszinssatz, dem Immobilitätszuschlag, Risikozuschlägen und der Berücksi...