Rz. 108
Für die Berechnung des Unternehmenswerts stehen prinzipiell zwei Methoden der Kapitalisierung der zukünftigen Erträge zur Verfügung.
Zum einen kann die Berechnung direkt (einstufig) im Wege der sog. Nettokapitalisierung erfolgen, indem die um Fremdkapitalkosten verminderten finanziellen Überschüsse in einem Schritt diskontiert werden. Diese Vorgehensweise liegt dem klassischen Ertragswertverfahren sowie auch dem sog. Equity-Ansatz beim DCF-Verfahren zugrunde. Alternativ kann der Unternehmenswert aber auch indirekt (mehrstufig) durch sog. Bruttokapitalisierung ermittelt werden. Das geschieht entweder durch Kapitalisierung einzelner Komponenten der finanziellen Überschüsse mit jeweils unterschiedlichen Zinssätzen oder indem nur die finanziellen Überschüsse aus der Geschäftstätigkeit in einem Schritt diskontiert und anschließend um den Marktwert des Fremdkapitals gemindert werden. Diese Überlegung liegt dem Konzept des angepassten Barwerts (Adjusted Present Value – oder auch APV-Ansatz) sowie auch dem der gewogenen Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital – oder WACC-Ansatz) zugrunde. Beides sind Varianten des DCF-Verfahrens.
Rz. 109
Unabhängig vom konkreten Bewertungsverfahren wird der Kapitalisierungszinssatz in jedem Fall auch von der Kapitalstruktur des zu bewertenden Unternehmens beeinflusst. Denn mit einer Erhöhung des Verschuldungsgrades steigt auch das finanzielle Risiko, so dass bei im Übrigen unveränderten Bedingungen höhere Risikozuschläge beim Kapitalisierungsfaktor erforderlich werden. Der Risikozuschlag ist auch anzupassen, wenn sich die Kapitalstruktur im Zeitablauf (voraussichtlich) ändern wird.
Rz. 110
Im Regelfall wird die Kapitalstruktur auf der Grundlage eines Marktmodells (z.B. auf dem Modigliani-Miller-Theorem basierende Arbitrage-Modelle) abgeleitet. Dabei sind nicht etwa die Buchwerte anzusetzen, sondern vielmehr die Marktwerte (beim Eigenkapital also i.d.R. der gutachtlich ermittelte Wert). Stellt sich die konkrete Kapitalstruktur des Bewertungsobjekts so dar, dass sie der Kapitalstruktur der Alternativanlage nahezu entspricht und im Zeitablauf kaum schwankt, kann auf eine gesonderte Berücksichtigung vollständig verzichtet werden.