Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 402
Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem UmRUG und dem UmRMitbestG nach den Vorgaben der UmwRL zum einen die bestehenden Regelungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen novelliert und zum anderen erstmals spezifische Regelungen für grenzüberschreitende Spaltungen und grenzüberschreitende Formwechsel geschaffen. Daneben enthält das UmRUG auch einige Anpassungen der Bestimmungen für innerstaatliche Umwandlungen sowie des SpruchG. Die mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben der UmwRL hat der Gesetzgeber durch Änderungen im MgVG (für grenzüberschreitende Verschmelzungen) und ein neues MgFSG (für grenzüberschreitende Formwechsel und Spaltungen) umgesetzt.
Rz. 403
Das am 1.3.2023 in Kraft getretene UmRUG setzt in erster Linie die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben der UmwRL um und statuiert für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel ein rechtssicheres unionsweit kompatibles Verfahren, bei dem die beteiligten Handelsregister digital miteinander kommunizieren. Die mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben der UmwRL wurden durch das bereits am 31.1.2023 in Kraft getretene UmRMitbestG umgesetzt.
Rz. 404
Die neuen Sonderregelungen für grenzüberschreitende Umwandlungen wurden zusammenhängend in einem neuen Sechsten Buch des UmwG verankert. Die Vorschriften der §§ 122a–122m UmwG a.F. über grenzüberschreitende Verschmelzungen wurden umfassend überarbeitet und finden sich nunmehr unter den §§ 305–319 UmwG. Es folgen unter den §§ 320–332 UmwG die Vorschriften über grenzüberschreitende Spaltungen und unter den §§ 333–345 UmwG diejenigen über grenzüberschreitende Formwechsel. Der Gesetzgeber bediente sich dabei der bewährten Verweisungstechnik des UmwG. Danach finden auf grenzüberschreitende Umwandlungen die für die jeweilige innerstaatliche Umwandlungsform geltenden Regelungen entsprechende Anwendung, soweit sich aus den Sonderregeln für die jeweilige grenzüberschreitende Umwandlungsform nichts anderes ergibt (§§ 305 Abs. 2, 320 Abs. 2, 333 Abs. 2 UmwG).
Rz. 405
Eine spezielle Übergangsvorschrift statuiert § 355 UmwG: Nach dessen Abs. 1 kann eine Verschmelzung, eine Spaltung oder ein Formwechsel von den beteiligten Rechtsträgern in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Zweiten, Dritten und Fünften Buches in deren jeweils vor dem 1.3.2023 geltenden Fassung durchgeführt werden, wenn der Verschmelzungsvertrag oder der Spaltungs- und Übernahmevertrag vor dem 1.3.2023 geschlossen, der Verschmelzungs- oder Spaltungsplan vor dem 1.3.2023 aufgestellt oder der Formwechselbeschluss als Umwandlungsbeschluss vor dem 1.3.2023 gefasst wurde und die Umwandlung bis zum 31. 12. 2023 zur Eintragung angemeldet wurde. Zur Diskussion um die Vorwirkung der Richtlinienbestimmungen vor Ablauf der Umsetzungsfrist s. die Ausführungen in der Vorauflage.
Rz. 406
In Übereinstimmung mit dem Anwendungsbereich der GesRRL umfasst das neue Sechste Buch grds. Nur grenzüberschreitende Umwandlungen von EU-/EWR-Kapitalgesellschaften. Der Gesetzgeber hat von einer überschießenden Erstreckung der Neuregelungen auf Personengesellschaften abgesehen. Wie bislang regelt das UmwG auch weiterhin nur die grenzüberschreitende Hereinverschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft mit in der Regel nicht mehr als 500 Arbeitnehmern (§ 306 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, vormals § 122b Abs. 1 Nr. 2 UmwG a.F.).
Rz. 407
Demgegenüber entschied sich der Gesetzgeber für eine teilweise überschießende Umsetzung bei den grenzüberschreitenden Spaltungen. Während die UmwRL nur solche zur Neugründung erfasst, regelt das UmwG auch solche zur Aufnahme, sofern in allen beteiligten Gesellschaften in den sechs Monaten vor Bekanntmachung des Spaltungsplans weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind, als es 4/5 der Mitbestimmungsschwelle des Rechts der übertragenden Gesellschaft entspricht (§§ 320 Abs. 1 Nr. 2, 332 Satz 1 UmwG).
Rz. 408
Der Gesetzgeber hat mit der Umsetzung der UmwRL weitere Änderungen des UmwG verbunden, die teilweise auch für innerstaatliche Umwandlungsvorgänge gelten. So werden insbesondere die Rechte der Minderheitsgesellschafter vereinheitlicht und die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung beendet (vgl. §§ 14, 15 UmwG). Das Spruchverfahren steht nunmehr beiden Gruppen von Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung. Weitere Änderungen des SpruchG sollen das Verfahren beschleunigen, ohne dabei die Rechte der Beteiligten zu beschneiden. Aktiengesellschaften erhalten die Möglichkeit, erforderliche Anpassungen der Wertverhältnisse übertragender und übernehmender Gesellschaften durch die Gewährung zusätzlicher Aktien auszugleichen, um auf diese Weise ihre Liquidität zu schonen und Investitionen im Zuge von Umstrukturierungen zu erleichtern. Der Schutz der Gesellschaftsgläubiger im Umwandlungsverfahren soll gestärkt und ihr Rechtsschutz effizient ausgestaltet werden.
Rz. 409
Das UmRMitbestG novelliert zur Umsetzung der mitbestimmungsrechtlichen Richtlinienvorgaben für grenzü...