Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 569
Eine unorthodoxe, aber im Einzelfall effektive Möglichkeit der Konzern-Entflechtung stellt die Ausschüttung einer Sachdividende in Form von Anteilen an Tochtergesellschaften der ausschüttenden AG dar. Eine Sachdividende kann sich bspw. dann anbieten, wenn eine AG nur über wenige Großaktionäre verfügt oder Anteile an einer börsennotierten Gesellschaft hält und sich von dieser Beteiligung trennen will.
a) Voraussetzungen für die Ausschüttung einer Sachdividende
Rz. 570
Die Rechtslage soll zunächst für die AG dargestellt werden. Gem. § 58 Abs. 4 AktG haben die Aktionäre einen Anspruch auf Auszahlung des Bilanzgewinns. Dieser Anspruch ist primär auf eine Geldzahlung in Form einer Bardividende gerichtet. Ob daneben die Auszahlung des Bilanzgewinns in Form von Sachleistungen zulässig ist, war bis zum Jahr 2002 umstritten.
Vielfach wurde die Möglichkeit einer Sachdividende dem Grunde nach zwar bejaht. Allerdings ging die herrschende Meinung davon aus, dass ein einfacher Hauptversammlungsbeschluss über eine Gewinnverwendung in Form einer Sachdividende nicht ausreichen könne. Vielmehr müsse die Gesellschaft eine Vereinbarung mit den Aktionären schließen, durch die jeder einzelne Aktionär anstelle der Geldzahlung eine andere Leistung an Erfüllungs statt akzeptiere. Die Zustimmung der Aktionäre zur Dividendenausschüttung in Form von Sachleistungen anstatt Bargeld konnte auch implizit durch einen einstimmigen Hauptversammlungsbeschluss aller Aktionäre erteilt werden.
Rz. 571
Im Jahr 2002 fand die Sachdividende in § 58 Abs. 5 AktG eine gesetzliche Verankerung. Voraussetzung der Ausschüttung einer Sachdividende ist nunmehr zunächst, dass die Satzung eine solche Möglichkeit überhaupt vorsieht. Damit soll der Aktionär in seinem finanziellen Hauptinteresse vor Überraschungen geschützt werden. Die konkrete Entscheidung, den Bilanzgewinn eines Jahres als Sachdividende auszuschütten, muss sodann durch einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss manifestiert werden. Sofern in der Satzung nichts anderes bestimmt ist, kann dieser Gewinnverwendungsbeschluss mit einfacher Mehrheit erfolgen. Dabei muss der Gewinnverwendungsbeschluss Festsetzungen über die Art der auszuschüttenden Gegenstände und ihre Bewertung enthalten.
b) Gegenstand der Sachdividende
Rz. 572
Das AktG enthält in § 58 Abs. 5 AktG keine Aussage darüber, was Gegenstand einer Sachdividende sein kann. Daher sind die allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätze, insb. das Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG, zu beachten. Daraus folgt zunächst, dass der Gegenstand der Sachdividende derart teilbar sein muss, dass sämtliche Aktionäre entsprechend ihrer Beteiligung Ausschüttungen enthalten können. Zugleich muss der Gegenstand der Sachdividende für alle Aktionäre den gleichen Nutzen haben. Unzulässig wäre es daher, Gegenstände auszuschütten, die zwar der Großaktionär benötigt, die jedoch für die anderen Aktionäre von geringem Nutzen und nur schwer verwertbar sind. I.d.R. dürften bei AG mit einem größeren Gesellschafterkreis daher nur leicht liquidierbare Gegenstände, wie etwa börsennotierte Aktien von Tochtergesellschaften, als Gegenstand einer Sachdividende in Betracht kommen.
c) Bewertung der Sachdividende
Rz. 573
Die Sachdividende dient wie die Bar-Dividende der Ausschüttung des Bilanzgewinnes. Der Wert der ausgeschütteten Gegenstände muss daher dem Bilanzgewinn entsprechen. Sehr umstritten ist, ob dabei der Buchwert oder der Verkehrswert der Gegenstände maßgeblich ist. Dieses Problem stellt sich v.a. dann, wenn der Verkehrswert der auszuschüttenden Sachen über deren Buchwert liegt. Denn in diesem Fall würden bei einer Buchwert-Bewertung durch die Sachdividende stille Reserven ausgekehrt werden. Die Regierungsbegründung des TransPuG hat sich dafür entschieden, die Klärung dieser wesentlichen Frage bewusst der wissenschaftlichen Lit. zu überlassen.
Rz. 574
Richtig erscheint u.E. die Bewertung der Gegenstände zum Verkehrswert. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Bilanzgewinn eine in Geld ausgedrückte Größe ist und die Sachdividende letztlich ein Ersatz für eine Geldzahlung ist. Die Höhe des Gewinnausschüttungsanspruchs der Aktionäre kann nicht davon abhängen, in welcher Form dieser Anspruch erfüllt wird. Des Weiteren ist auch aus dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes ein Verkehrswertansatz geboten. Da die Gesellschaft mit dem Verkehrswert ihres gesamten wirtschaftlichen Vermögens und gerade nicht nur mit dessen Buchwert haftet, würde mit einer Ausschüttung der stillen Reserven wie sie i.R.d. Buchwertansatzes stattfindet, eine Benachteiligung der Gläubiger der Gesellschaft einhergehen. Dieser Gedanke findet sich auch in § 57 Abs. 1 AktG, wonach eine verbotene Rückgewähr dann angenommen wird,...