Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 649
Die einzelnen Schritte einer Nachgründung ergeben sich aus den detaillierten Regelungen des § 52 AktG. Danach muss bei der Sachkapitalerhöhung im Wege der Nachgründung folgender Ablaufplan eingehalten werden:
Rz. 650
Zunächst ist der Einbringungsvertrag über die Sacheinlage zwischen der AG und dem jeweiligen Aktionär abzuschließen. Dieser Vertragsschluss kann nicht als vorzeitige Einlageleistung gewertet werden, denn gem. § 52 Abs. 1 AktG sind sämtliche nachgründungspflichtigen Verträge bis zum Abschluss des Nachgründungsverfahrens mit der Eintragung in das Handelsregister schwebend unwirksam. Daher erfolgt durch den Abschluss des Einbringungsvertrages noch keine endgültige dingliche Vermögensübertragung an die AG vor einem entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss über die Kapitalerhöhung.
Rz. 651
Über den Einbringungsvertrag muss die Hauptversammlung beschließen. Sofern keine Vollversammlung sämtlicher Aktionäre stattfinden kann, bei der kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht, erfolgt die Einberufung der Hauptversammlung nach den allgemeinen Regeln (§ 121 Abs. 6 AktG). Insb. muss dann der Einbringungsvertrag in den Geschäftsräumen ausgelegt und sein Inhalt gem. § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG mit der Tagesordnung den Aktionären bekannt gemacht werden. Im Fall einer Vollversammlung sind diese Formalien dagegen verzichtbar.
Rz. 652
Nicht verzichtbar im Fall einer Vollversammlung sind die Erstattung eines Nachgründungsberichtes durch den Aufsichtsrat (§ 52 Abs. 3 AktG) und eines Prüfungsberichts durch einen gerichtlich bestellten Gründungsprüfer (§ 52 Abs. 4 AktG) vor der Hauptversammlung. Bei einer Sachkapitalerhöhung sind sowohl eine Sacheinlageprüfung nach § 183 Abs. 3 AktG als auch eine Nachgründungsprüfung erforderlich. Die beiden Prüfungen können jedoch verbunden und ihre Ergebnisse in einem Prüfungsbericht zusammengefasst werden. Das Gericht muss den Prüfer dazu ausdrücklich sowohl als Sach- als auch als Nachgründungsprüfer bestellen.
Rz. 653
I.d.R. wird die Sachkapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der übrigen Aktionäre erfolgen. Daher müssen die Vorschriften zur Beschlussfassung über einen Bezugsrechtsausschluss in § 186 Abs. 3 und Abs. 4 AktG beachtet werden. Insb. ist der Vorstand verpflichtet, der Hauptversammlung in einem schriftlichen Bericht die Gründe für den Ausschluss des Bezugsrechts darzulegen und den vorgeschlagenen Ausgabebetrag der neuen Aktien zu begründen. Die Vorlage eines Vorstandsberichtes ist nicht erforderlich, wenn alle Aktionäre in einer Vollversammlung darauf verzichten.
Rz. 654
Die Hauptversammlung muss dann einen Kapitalerhöhungsbeschluss fassen und dem Einbringungsvertrag zustimmen. Dabei muss die Zustimmung zum Einbringungsvertrag gem. § 52 Abs. 5 AktG mit einer Mehrheit von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erfolgen. Wird der Vertrag im ersten Jahr nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister geschlossen, muss die zustimmende Mehrheit außerdem mindestens ein Viertel des gesamten vorhandenen Grundkapitals umfassen (§ 52 Abs. 5 Satz 2 AktG). Eine Abmilderung dieser gesetzlichen Erfordernisse durch entsprechende Satzungsbestimmungen ist unzulässig.
Rz. 655
Die erforderliche Mehrheit für den Kapitalerhöhungsbeschluss ergibt sich aus § 182 Abs. 1 AktG sowie den entsprechenden Regelungen in der Satzung. Sofern die Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss für die übrigen Aktionäre erfolgt, ist gem. § 186 Abs. 3 AktG eine Mehrheit von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich. In diesem Fall kann die Satzung keine geringeren Mehrheitserfordernisse statuieren.
Rz. 656
Nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss muss der einbringende Aktionär gem. § 185 AktG die neuen Aktien durch einen Zeichnungsschein zeichnen.
Rz. 657
Zum Handelsregister sind eine notariell beglaubigte Abschrift des Nachgründungs- bzw. Einbringungsvertrages, die Berichte von Aufsichtsrat und Gründungsprüfer, eine notariell beglaubigte Abschrift der Niederschrift über die Hauptversammlung, eine Zweitschrift des Zeichnungsscheins sowie der vollständige Wortlaut der geänderten Satzung einzureichen. Das Registergericht prüft, ob die gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Sachkapitalerhöhung vorliegen. Insb. prüft es, ob der Wert der Sacheinlage den geringsten Ausgabebetrag der neu ausgegebenen Aktien erreicht bzw. nicht wesentlich unterschreitet. Der Einbringungsvertrag wird mit der Eintragung in das Handelsregister endgültig und mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt seines Abschlusses wirksam.