Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 371
Neben Umwandlungen i.S.d. § 1 Abs. 1 UmwG existiert eine Reihe von Strukturmaßnahmen, auf die ebenfalls zur Reorganisation von Unternehmen zurückgegriffen werden kann und die auch nicht durch das Analogieverbot des § 1 Abs. 2 UmwG ausgeschlossen sind. Im Ergebnis steht den Beteiligten ein Wahlrecht offen, ob sie sich einer tradierten Strukturmaßnahme oder einer modernen Umwandlungsart nach dem UmwG bedienen wollen. Für die Gestaltungs- und Beratungspraxis besteht damit die Herausforderung, im Rahmen einer Gesamtabwägung bzgl. des gewünschten Vorgangs herauszuarbeiten, ob ein Vorgehen nach dem UmwG, verbunden mit den zahlreichen Vorteilen, wie einem rechtssicheren, kodifizierten Verfahrensrahmen, Gesamtrechtsnachfolge, Identitätswahrung und den mit den etablierten Vorgängen verbundenen Zeitersparnissen einer alternativen Gestaltung vorzuziehen ist. Insbesondere bei kleineren und weniger komplexen Transaktionen kann anstelle eines umfangreichen Verfahrens nach dem UmwG aber bspw. auch die flexiblere Möglichkeit der Einzelübertragung vorzugswürdig erscheinen.
1. Anwachsungsgestaltungen
Rz. 372
Durch die Anwachsung ergeben sich für Personengesellschaften attraktive Gestaltungsmöglichkeiten. Hierbei kann das gesamte Vermögen der Gesellschaft im Wege einer gesetzlichen Universalsukzession auf den letzten verbleibenden Gesellschafter übertragen werden. Durch das MoPeG wird nun allgemein in § 712 Abs. 1 BGB n.F. normiert, dass der Anteil an der Gesellschaft den übrigen Gesellschaftern im Zweifel im Verhältnis ihrer Anteile zuwächst, wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Dies entspricht der bisherigen Regelung des § 738 Abs. 1 BGB a.F. § 712a Abs. 1 BGB n.F. regelt nunmehr, dass, falls nur noch ein Gesellschafter verbleibt, die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt und das Gesellschaftsvermögen zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter übergeht. Damit verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die bereits zuvor zu § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. vertretene Auffassung gesetzlich zu regeln, wonach die GbR mit dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters ohne Abwicklung erlischt und das vorhandene Vermögen auf den verbleibenden Gesellschafter übergeht. Zu beachten ist nach dem MoPeG zudem, dass § 729 Abs. 4 BGB n.F. nunmehr die Möglichkeit eröffnet, dass die Gesellschafter gesellschaftsvertraglich den Ausscheidensgrund nach § 723 Abs. 1 BGB in einen Auflösungsgrund für den Fall umwandeln können, dass ansonsten der vorletzte Gesellschafter ausscheiden würde. So soll erreicht werden, dass der ausscheidende Gesellschafter bzw. sein Erbe in der Liquidationsgesellschaft verbleibt und den vollen Anteil am Liquidationserlös erhält.
2. Einbringungsvorgänge mit Einzelrechtsnachfolge
Rz. 373
Bei Strukturmaßnahmen, die im Wege der Einzelnachfolge durchgeführt werden, vollzieht sich der Vermögensübergang im Grundsatz nach den allgemeinen Prinzipien des bürgerlich-rechtlichen Schuld- und Sachenrechts. Es ist erforderlich, dass jeder einzelne Vermögensgenstand nach den konkret anwendbaren Übertragungsvorschriften einzeln erfasst und übertragen wird. Insbesondere der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz kann in diesem Zusammenhang Probleme bereiten. Etwaige Formerfordernisse, wie etwa bei der Übertragung von Grundstücken (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) oder GmbH-Geschäftsanteilen (§ 15 Abs. 3 GmbHG) sind zudem zu beachten.
Rz. 374
Möglich ist in erster Linie eine Vollübertragung des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers im Wege der Singularsukzession in den übernehmenden Rechtsträger (gegen Gewährung von Anteilen). Verbunden ist eine solche Maßnahme dann mit der Auflösung und Abwicklung des übertragenden Rechtsträgers und einer Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung bei dem übernehmenden Rechtsträger. Hierdurch können jedoch erhebliche Kosten entstehen und das Verfahren kann, insbesondere aufgrund der Liquidation der übertragenden Gesellschaft einige Zeit in Anspruch nehmen.
Rz. 375
Neben der Vollübertragung des Vermögens können auch (sämtliche) Anteile des übertragenden Rechtsträgers im Wege einer Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung in den übernehmenden Rechtsträger eingebracht werden. Dies führt dann nicht zum Übergang des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers, sondern es entsteht ein faktischer Konzern mit der übertragenden Gesellschaft als beherrschtem Unternehmen. Zudem kommt es auch in Frage eine Ausgliederung nachzubilden, indem die Vermögensteile des übertragenden Rechtsträgers durch Singularsukzession im Zuge einer Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen werden.
Rz. 376
Als Alternative für die Sachgründung ...