Rz. 1

Die Bedeutung erbrechtlicher Verzichtsverträge im Rahmen von Unternehmensnachfolgen kann nicht hoch genug angesetzt werden. In aller Regel wird der Unternehmer aus der Reihe seiner Abkömmlinge einen zum Unternehmensnachfolger bestimmen wollen, sei es nun durch lebzeitige Übertragungsgeschäfte oder durch letztwillige Verfügungen. In beiden Fällen ist unabdingbar, die nicht in Betracht kommenden Abkömmlinge in den Blick zu nehmen, damit diese nicht nach dem Erbfall durch Pflichtteilsergänzungsansprüche (bei lebzeitiger Übertragung) oder Pflichtteilsansprüche (bei Rechtsnachfolge auf den Todesfall) den Verteilungsplan des Unternehmers vollkommen durchkreuzen können. Damit nicht genug; nicht selten geraten Firmen wirtschaftlich ins Wanken, wenn sie mit Pflichtteilsansprüchen überzogen werden. Schon die Frage der Bewertung des Firmenvermögens, welches ja Grundlage für einen Pflichtteilsanspruch sein kann, führt oft zum Anfall erheblicher Kosten. Die sich so ergebenden Pflichtteilsansprüche erreichen gelegentlich schwindelerregende Höhen. Es kann daher nur jedem Unternehmer geraten werden, hier nicht einsame Entscheidungen zu treffen, ohne den für die Nachfolge in das Unternehmen nicht in Betracht kommenden Teil der Familie zu beteiligen.

Sehr viel anspruchsvoller wird die Gestaltung für den Unternehmer, wenn er etwa in zweiter Ehe verheiratet ist und Kinder aus unterschiedlichen Beziehungen vorhanden sind, die möglicherweise keinen engen Bezug zum Erblasser, aber in jedem Falle der Abstammung durch den Erblasser einen Pflichtteilsanspruch haben. Gleiches gilt natürlich erst recht für außereheliche Kinder des Unternehmers, die unter Umständen überhaupt keine Beziehung zur Familie haben, aber dennoch durch teilweise sehr hohe Pflichtteilsansprüche für erhebliche Unruhe sorgen können.

 

Rz. 2

Aber auch der Unternehmer, der nur einen Abkömmling hat, sozusagen den auserkorenen Nachfolger, tut gut daran, sich mit dem Problem von Pflichtteils-/Erbverzichten zu beschäftigen, soweit er verheiratet ist. Der ggf. längerlebende Ehegatte könnte ansonsten ebenfalls durch die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen den Verteilungsplan des Unternehmers durchkreuzen. Schon hier ist darauf hinzuweisen, dass in diesen Fällen allein ein Verzichtsvertrag des Ehegatten natürlich nicht ausreicht. Lebt der Unternehmer in Zugewinngemeinschaft, muss er dringend auch den Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche diskutieren und berücksichtigen, es sei denn, die Eheleute haben sich früh genug zu dem vernünftigerweise zu wählenden Güterstand der modifizierten Zugewinngemeinschaft entschlossen. Dieser sollte dann im Zweifel derart gestaltet sein, dass das Firmenvermögen bei Beendigung der Ehe – aus welchen Gründen auch immer – keine Rolle spielt, ggf. verbunden mit entsprechenden Kompensationsleistungen.

 

Rz. 3

Wie auch immer: Eine strukturelle Unternehmensnachfolgeplanung, die Verzichtsverträge außer Betracht lässt, ist notwendigerweise unvollständig.

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