Rz. 315
Die Unwirksamkeit einer unentgeltlichen Verfügung des Vorerben über Nachlassgegenstände wirkt absolut, also gegenüber jedermann. Sie ist aufschiebend bedingt und tritt mit dem Nacherbfall ein. Der Nacherbe kann deshalb als wahrer Eigentümer von dem Beschenkten die Herausgabe des betreffenden Nachlassgegenstandes nach § 985 BGB bzw. die Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB verlangen.
Rz. 316
Jedoch kommt auch bei unentgeltlichen Zuwendungen ein gutgläubiger Erwerb des Beschenkten nach § 2113 Abs. 3 i.V.m. § 892 bzw. §§ 932 ff. BGB in Betracht.
Der gute Glaube kann zum einen auf der Unkenntnis beruhen, dass der veräußerte Gegenstand durch Nacherbfolge gebunden ist, zum anderen auf der irrtümlichen Annahme einer Befreiung des Vorerben (die gem. § 51 GBO ebenfalls in das Grundbuch einzutragen ist). Der gute Glaube ersetzt die fehlende Verfügungsbefugnis des Vorerben.
Rz. 317
Bei beweglichen Sachen verhindert eine grob fahrlässige Unkenntnis der Nacherbenbindung einen gutgläubigen Erwerb (§ 932 Abs. 2 BGB). Wurde hingegen ein Erbschein erteilt, der die Anordnung der Nacherbfolge nicht enthält oder zu Unrecht einen Gegenstand von der Nacherbfolge ausnimmt, so schadet nur Kenntnis von der Unrichtigkeit des Erbscheins bzw. von der Rückforderung durch das Nachlassgericht. Insoweit sind die Gutglaubensregelungen der §§ 2365–2367 BGB unmittelbar anwendbar.
Rz. 318
Bei Verfügungen über Grundstücke und Rechten an Grundstücken ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, wenn sich die Verfügungsbeschränkung aus einem im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerk (§ 51 GBO) ergibt. Erwirbt der Dritte das Grundstück ohne Voreintragung des Vorerben (§§ 40 Abs. 1, 35 GBO), so kann der Gutglaubensschutz des Erbscheins eingreifen. Dem Nachweis der Erbfolge durch eine in einer öffentlichen Urkunde errichtete Verfügung von Todes wegen (§ 35 GBO) allein kommt jedoch kein öffentlicher Glaube zu.
Rz. 319
Ein gutgläubiger Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch den Dritten scheitert an dem Fehlen einer Gutglaubensvorschrift für Verfügungen über Forderungen und ähnliche Rechte (§§ 398, 413 BGB, § 15 GmbHG).
Rz. 320
Wird der Beschenkte aufgrund eines gutgläubigen Erwerbs Eigentümer des Nachlassgegenstandes, so ist er – schuldrechtlich – dem Nacherben gegenüber gleichwohl nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB zur Herausgabe verpflichtet.
Rz. 321
Hinweis
Der Beschenkte kann für auf den Erbschaftsgegenstand getätigte Verwendungen unter den Voraussetzungen der §§ 987 ff. BGB Ersatz verlangen. Ihm steht insoweit ein Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 274 BGB) zu.
Rz. 322
Bei einer gemischten Schenkung kann der Nacherbe die Herausgabe ebenfalls nur Zug um Zug gegen Rückgewähr der von dem Dritten erbrachten Gegenleistung fordern.