Prof. Dr. Wolfgang Burandt, Dr. Cathrin Krämer
Rz. 13
Der Widerruf als empfangsbedürftige Willenserklärung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Erklärungsempfänger zugeht (vgl. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein Zugang der Willenserklärung ist nach h.A. zu bejahen, wenn die Widerrufserklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme gemäß dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hat.
Rz. 14
Eine gegenüber abwesenden Personen abgegebene Willenserklärung gelangt dann in den Machtbereich des Erklärungsempfängers, wenn sie die räumliche Herrschaftssphäre des Erklärungsempfängers erreicht. Unproblematisch ist dies beim Einwurf eines Schriftstücks in den Hausbriefkasten. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme wird von der Verkehrssitte festgelegt. Für die Bejahung des Zugangs ist es somit unerheblich, ob der Empfänger tatsächlich Kenntnis von der Willenserklärung genommen hat oder nicht.
Rz. 15
Eine gegenüber anwesenden Personen abgegebene Willenserklärung wird ebenfalls mit Zugang wirksam (§ 130 BGB analog). Eine verkörperte Willenserklärung gilt grundsätzlich mit Aushändigung bzw. Übergabe als zugegangen. Eine nicht verkörperte Willenserklärung ist nach der eingeschränkten Vernehmungstheorie zugegangen, wenn die potentielle Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht.
Rz. 16
Schwierigkeiten können entstehen, wenn der Zugang durch Geschehnisse verhindert wird, die in der Sphäre des Empfängers angesiedelt sind. Dies ist der Fall, wenn der Empfänger beispielsweise eine für ihn bei der Post hinterlegte Erklärung nicht abholt oder umzieht, ohne einen Nachsendeauftrag zu stellen. In diesem Fall ist es dem Empfänger grundsätzlich verwehrt, sich auf einen fehlenden oder verspäteten Zugang zu berufen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erklärende alles Erforderliche und Zumutbare unternimmt, um den Zugang zu erreichen.
Rz. 17
Kommt es zwischen Bevollmächtigtem und Vollmachtgeber zu Streitigkeiten bzgl. der Frage, ob der Bevollmächtigte den Vollmachtgeber wirksam verpflichtet hat oder nicht, so ist der Vollmachtgeber für den ordnungsgemäßen und wirksamen Widerruf der Vollmacht beweispflichtig, wenn die Vollmacht wirksam erteilt worden ist. Ist bedeutend, zu welchem Zeitpunkt die Vollmacht erloschen ist, so ist derjenige beweispflichtig, der sich darauf beruft, dass die Vollmacht im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertretergeschäfts noch wirksam war.
Rz. 18
Praxistipp
Um den Zugang des Widerrufs sicher nachzuweisen, sollte der Widerruf durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden.