Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 109
Nach § 890 Abs. 3 ZPO kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch zukünftige Zuwiderhandlungen dem Gläubiger entstehenden Schaden verurteilt werden.
Rz. 110
Der notwendige Antrag kann mit dem Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels verbunden oder aber isoliert gestellt werden. Dabei wird der Gläubiger darzustellen haben, welchen Schaden er durch eine schuldhafte Zuwiderhandlung des Schuldners erleiden kann und wie dieser zu beziffern ist.
Rz. 111
Hinweis
Die Sicherheitsleistung umfasst nur den dem Kläger möglicherweise entstehenden Schaden, nicht aber auch zukünftige Ordnungsgelder, da sie allein dem Staat zustehen. Dagegen können von der Sicherheitsleistung vereinbarte Vertragsstrafen miterfasst werden.
Rz. 112
Nach dem Gesetzeswortlaut ist durch das Gericht zu bestimmen, für welchen Zeitraum die Sicherheit zu bestellen ist. Die Bemessung des Zeitraumes wird dabei davon abhängig zu machen sein, wann erwartet werden kann, dass der Schuldner gegen das Unterlassungs- oder Duldungsgebot nicht mehr verstößt. Hierfür wird der Gläubiger dem Gericht Hinweise geben können.
Rz. 113
Die Form der zu erbringenden Sicherheit bestimmt sich nach § 108 ZPO und kann damit erfolgen:
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durch Hinterlegung von Geld, |
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durch Hinterlegung von mündelsicheren Wertpapieren gem. § 234 BGB, |
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durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes. |
Rz. 114
Hinweis
Leistet der Schuldner die angeordnete Sicherheit nicht freiwillig, so ist diese Verpflichtung als vertretbare Handlung nach § 887 ZPO zu vollstrecken, wobei der Gläubiger Erstattung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme vom Schuldner verlangen kann (siehe § 13 mit den erforderlichen Mustern). Diese Kosten der Ersatzvornahme können dann nach den Möglichkeiten der Vollstreckung wegen einer Geldforderung eingetrieben werden, d.h. im Wege der Mobiliarvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher (siehe § 3, § 4 und § 6), der Forderungsvollstreckung (siehe § 7 und § 8) oder der Immobiliarzwangsvollstreckung (siehe § 9, § 10 und § 11).
Rz. 115
Tritt später tatsächlich ein Schaden ein, so kann der Gläubiger den Schadensersatzanspruch im Wege der Leistungsklage gegen den Schuldner auf der Grundlage materiell-rechtlicher Ansprüche verfolgen, § 893 Abs. 1 ZPO, wenn nicht außergerichtlich Einvernehmen über die Inanspruchnahme der Sicherheit zugunsten des Gläubigers erzielt werden kann.
§ 893 ZPO stellt dabei selbst keine Anspruchsgrundlage für einen solchen Anspruch dar, sondern dient allein der Klarstellung, dass Sekundäransprüche durch die ursprüngliche Möglichkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel nicht ausgeschlossen sind.
Ob und welche Ansprüche dem Kläger zustehen, richtet sich also allein nach dem materiellen Recht. In Betracht kommen hier insbesondere die Ansprüche nach §§ 280 bis 286, 325 BGB wegen einer Pflichtverletzung oder wegen Verzuges.
§ 893 ZPO begründet auch keinen Vorrang der Zwangsvollstreckung, sodass der Gläubiger im entsprechenden Klageverfahren nicht darlegen muss, ob und inwieweit er überhaupt die Zwangsvollstreckung betrieben hat, wenn dies nicht Voraussetzung und Teil des materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruches ist.
Zur Begleichung des so titulierten Schadens kann der Gläubiger dann die erlangte Sicherheit nach § 890 Abs. 3 ZPO verwerten. Drohen gleichwohl weitere Zuwiderhandlungen des Schuldners und hieraus wiederum Schadensersatzansprüche des Gläubigers, so kann dieser erneute Sicherheitsleistung nach § 890 Abs. 3 ZPO verlangen.