Rz. 128
Die im Rahmen der ehelichen Unterhaltspflicht gemäß §§ 1360, 1360a BGB den Eheleuten obliegenden Leistungen für den Familienunterhalt können in gleichberechtigter Weise durch Einkünfte aus Berufstätigkeit und durch Arbeiten zur Haushaltsführung erbracht werden; die Rollenverteilung haben die Ehegatten im Rahmen des § 1356 Abs. 1 BGB einvernehmlich zu regeln (dazu oben § 16 C). Sie können etwa vereinbaren, dass sich die Ehefrau um den Haushalt etc. kümmert und der Ehemann die anfallende Arbeit in dem gesamten landwirtschaftlichen Betrieb übernimmt. Die insoweit vom nichtberufstätigen Ehegatten erbrachte Haushaltsführungsarbeit ist echte Erfüllung einer Unterhaltspflicht im Sinne des § 844 Abs. 2 BGB.
Rz. 129
Maßgeblich im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB ist allein die gesetzlich geschuldete und nicht die tatsächlich gewährte Unterhaltsleistung des Getöteten (dazu im Einzelnen oben § 16 C). Dementsprechend kann der hinterbliebene Ehegatte auch nur Ersatz für die entgangene Haushaltstätigkeit verlangen, die zu erbringen der getötete Ehegatte verpflichtet war, nicht hingegen für Arbeiten, welche dieser darüber hinaus erbracht hatte. Ein Ersatzanspruch eines Ehemannes gem. § 844 Abs. 2 BGB wegen entgangener Haushaltsführungstätigkeit seiner bei einem Verkehrsunfall getöteten Ehefrau im Hinblick auf die Betreuung, Versorgung und Pflege von Altenteilern des Ehemannes besteht demnach nicht, weil die Ehefrau im Hinblick auf gegenüber ihrer Schwiegermutter in Absprache mit ihrem Ehemann übernommene Pflegeleistungen ihrem Ehemann gegenüber nicht "kraft Gesetzes" unterhaltspflichtig war. Gesetzlicher Unterhalt im Sinne dieser Vorschrift ist, was im konkreten Fall das Ergebnis eines Unterhaltsprozesses des Klägers gegenüber seiner Ehefrau gewesen wäre; Das gilt auch, wenn die verstorbene Ehefrau diese Hilfe gegenüber ihrem Ehemann als eheliche Obliegenheit angesehen hat.
Rz. 130
Grundlage der Schadensermittlung ist nicht der tatsächliche Arbeitsaufwand, den der getötete Ehepartner hatte, sondern der Arbeitszeitbedarf, der zur Erfüllung der rechtlich geschuldeten Haushaltsführung erforderlich war. Es ist daher jeweils auch zu prüfen, ob und in welchem Umfang die übrigen Familienmitglieder ohne den Tod des Haushaltsführenden eine Mitarbeitspflicht getroffen hätte. Dabei sind die zulässigerweise zur Arbeitsaufteilung getroffenen Absprachen der Eheleute zu berücksichtigen, solange diese nicht zu einem offensichtlichen Missverhältnis führen. Demgemäß können Ehegatten weder allein durch ihr tatsächliches Verhalten noch durch eine dahingehende Vereinbarung den für § 844 Abs. 2 BGB entscheidenden Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht, auch hinsichtlich der Haushaltsführung, erweitern. Jedoch hängt das Maß der auf der Grundlage der §§ 1360, 1360a BGB geschuldeten Unterhaltsleistung wesentlich auch von den Lebensverhältnissen der Eheleute ab; es kommt dabei nicht allein auf ihre wirtschaftliche und finanzielle, sondern auch auf ihre soziale und persönliche Lage an, die sie durch die von ihnen gewählte Lebensgestaltung prägen. Dies kann dazu führen, dass ein Ehegatte im Rahmen der Haushaltstätigkeit Aufgaben – als Teil seiner Unterhaltsleistung – übernimmt, die normalerweise nicht anfallen: So können auch Betreuungsleistungen, die der haushaltsführende Ehegatte seinem behinderten (z.B. blinden) Ehepartner erbringt, zum geschuldeten Unterhalt im Sinne des § 844 Abs. 2 BGB gehören, wenn dies der von den Eheleuten festgelegten Rollenverteilung entspricht.
Rz. 131
Eine Unterhaltsleistung durch Haushaltsführung ist dem anderen Ehegatten und den gemeinschaftlichen Kindern gegenüber geschuldet, nicht aber den Stiefkindern. Daher umfasst der auf § 844 Abs. 2 BGB gegründete Ersatzanspruch des hinterbliebenen Ehegatten bei Tötung der (haushaltsführenden) zweiten Ehefrau nicht die nunmehr für die Zukunft entgangene Versorgung der nichtehelichen Kinder; den Mehraufwand, den der Überlebende nunmehr dadurch hat, dass er selbst die Versorgung seiner Kinder aus erster Ehe sicherstellen muss, kann er aber von der Unterhaltsersparnis in Abzug bringen, die er sich hinsichtlich seines getöteten Ehegatten anrechnen lassen muss.
Rz. 132
Der Unterhaltsschaden des überlebenden Ehegatten wegen Entziehung der Haushaltsführung bemisst sich nur nach dem auf ihn entfallenden Anteil an der vom getöteten Ehepartner im Rahmen der Einvernehmensregelung geschuldeten Haushaltsführung. Daneben besteht ein eigener Anspruch der gemeinschaftlichen Kinder, soweit die Haushaltsführung in deren Interesse erfolgte und ihnen unterhaltsrechtlich geschuldet war. Dabei besteht keine Gesamtgläubigerschaft der Anspruchsberechtigten; jedem Berechtigten steht ein eigenständiger Anspruch zu, der nach Umfang und Dauer sein eigenes Schicksal haben kann.
Rz. 133
Die Bestimmung des Umfangs dieses Ersatzanspruchs bedarf einer Prognose darüber, wie sich beim Weiterleben des getöteten Ehegatten dessen unterhaltsrechtliche Pflicht zur Ha...