Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Ersatzanspruchs nach § 844 Abs. 2 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Ersatzanspruch des Ehemannes gem. § 844 Abs. 2 BGB wegen entgangener Haushaltsführungstätigkeit seiner bei einem Verkehrsunfall getöteten Ehefrau im Hinblick auf die Betreuung, Versorgung und Pflege von Altenteilern des Ehemannes besteht nicht, weil die Ehefrau im Hinblick auf gegenüber ihrer Schwiegermutter in Absprache mit ihrem Ehemann übernommene Pflegeleistungen ihrem Ehemann gegenüber nicht "kraft Gesetzes unterhaltspflichtig" war. Gesetzlicher Unterhalt im Sinne dieser Vorschrift ist, was im konkreten Fall das Ergebnis eines Unterhaltsprozesses des Klägers gegenüber seiner Ehefrau gewesen wäre (BGH, Urteil v. 25. April 2006 - VI ZR 114/05, juris Rn. 14).
2. Das gilt auch, wenn die verstorbene Ehefrau diese Hilfe gegenüber ihrem Ehemann als eheliche Obliegenheit angesehen hat. Insoweit unterscheidet sich die landwirtschaftliche Altenteilbetreuung rein rechtlich nicht von einer Betreuung einer Schwiegermutter durch eine Schwiegertochter innerhalb anders gearteter Verhältnisse. Es besteht keine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung zu einer solchen Leistung (so auch OLG Düsseldorf, Urteil v. 12. April 1996 - 14 U 163/95 - juris).
3. Eine einvernehmliche Regelung im Sinne von § 1356 Abs. 1 S. 1 BGB ist haftungsrechtlich nicht anerkennungswürdig, als sie - bei Berücksichtigung des den Ehegatten eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums - nicht mehr mit dem Grundsatz der Angemessenheit (§ 1360 S. 1 BGB) in Einklang gebracht werden kann. Die Einvernehmensregelung ist dann unangemessen, wenn mit dieser der Umfang der Unterhaltspflichten - und damit im Schadensfall der Unterhaltsschaden zu Lasten eines Schädigers - willkürlich über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitern wird.
Normenkette
BGB §§ 844, 1306
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 7 O 89/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Januar 2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden (7 O 89/16) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Umfang des zu ersetzenden Haushaltsführungsschadens nach einem Verkehrsunfall.
Die Ehefrau des Klägers wurde bei einem Verkehrsunfall am 30. Januar 2011, für den die Beklagte zu 100 Prozent einstandspflichtig ist, tödlich verletzt. Die Parteien streiten nur noch darüber, inwieweit die getötete Ehefrau gegenüber dem Kläger im Sinne des § 844 Abs. 2 BGB kraft Gesetzes zur Haushaltsführung auch insoweit verpflichtet war, als diese auch Pflegeleistungen gegenüber der Mutter des Klägers, Frau H. C., übernommen hatte.
Der Kläger hatte sich im Rahmen eines Hofübergabevertrages vom 26. November 1996 seinen Eltern gegenüber verpflichtet, diesen neben einem Wohnrecht freie Verpflegung an seinem Tisch zu gewähren. Ferner war der Kläger zur Reparatur und Schönheitsreparatur der Wohnung, der Reinigung der Wäsche sowie zur Gewährung der Mitnutzung eines Pkw verpflichtet.
Der Kläger und seine Ehefrau lebten zusammen mit der Mutter des Klägers auf der ehemaligen Hofstelle. Der Kläger ging einer beruflichen Tätigkeit nach. Die Ehefrau des Klägers hatte u. a. den Haushalt geführt.
Im November 2002 wurde bei der Mutter des Klägers eine umfangreiche pflegerische Versorgung nötig und die Voraussetzungen der Pflegestufe II festgestellt. Die Mutter des Klägers erhielt neben ihrer Rente ein monatliches Pflegegeld von 430,00 EUR. Die pflegerische Tätigkeit wurde im Einvernehmen mit dem Kläger von der Ehefrau des Klägers übernommen, die dafür das Pflegegeld bekam.
Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, der Umfang des zu ersetzenden Haushaltsführungsschadens bemesse sich nach dem Umfang der vom getöteten Ehegatten gesetzlich geschuldeten Haushaltsführung, der sich wiederum nach den persönlichen Bedürfnissen der Ehegatten und ihrer einvernehmlichen Praxis beurteile. Neben der Hausarbeit gehöre dazu auch die Pflege von Behinderten, Kranken und alten Familienmitgliedern. Der Begriff des Familienmitgliedes beschränke sich nicht auf die eigenen Eltern. Es komme allein auf die Haushaltszugehörigkeit, nicht aber auf das Verwandtschaftsverhältnis an. Zur Familie würden alle Personen gerechnet, die mit dem Ehegatten verwandt und verschwägert seien.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
an ihn
1. 36.480,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. ab Juni 2016 monatlich 570,00 bis zum 3. eines jeden Monats bis zum Ableben der H. C. zu zahlen.
Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
die Kl...