Leitsatz (amtlich)
1. Zum Unterhalts- und Haushaltsführungsschaden der Kinder ihrer bei einem Verkehrsunfall getöteten Mutter.
2. Grundsätze zur Bemessung der Unterhaltspflicht sowie Mithilfepflicht des Unterhaltsgeschädigten bei den Haushaltstätigkeiten.
Normenkette
BGB § 844 Abs. 2, §§ 1356, 1360, 1360a
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Entscheidung vom 02.03.2009; Aktenzeichen 4 O 3557/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten sowie der Berufung der Klägerin zu 1) - das am 02.03.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 1.731,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.02.2008 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen die Klägerin zu 1) zu 79 % und der Kläger zu 2) zu 21 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 zu 77% und der Kläger zu 2) zu 23 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Ersatz eines Barunterhalts sowie Haushaltsführungsschadens.
Die Mutter der Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall am 07.03.2002 getötet. Der Verursacher des Unfallereignisses ist bei der Beklagten haftpflichtversichert. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.
Die am ...1987 geborene Klägerin zu 1. war im Zeitpunkt des Unfallgeschehens Schülerin und lebte bei ihren Eltern. Der am ...1981 geborene Kläger zu 2. war zum damaligen Zeitpunkt bereits Student der Universität O..., sein Studium hat er im März 2006 abgeschlossen. Die Klägerin zu 1. hat nach bestandenem Abitur im Jahre 2007 ihr Studium an der Universität O... im Oktober 2007 aufgenommen, dort studiert sie noch immer.
Der Vater der Kläger ist selbständiger Landwirt und betreibt Schweinemastbetriebe. Die verstorbene Mutter war selbst Inhaberin eines dieser Betriebe, an einem weiteren war sie in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Die Eheleute hatten intern vereinbart, dass sich die verstorbene Mutter allein um den Haushalt (unter Einschluss der Kindererziehung und der Gartenarbeit) kümmert und in diesen ihre gesamte Arbeitsleistung erbringt, während der Vater die gesamte Arbeitsleistung in den landwirtschaftlichen Betrieben übernommen hat.
Beide Kläger erhielten nach dem Tode der Mutter ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen von der landwirtschaftlichen Alterskasse sowie der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft eine Halbwaisen bzw. Hinterbliebenenrente.
Mit der Klage begehren die Kläger die Zahlung eines Unterhaltsschadens, die Klägerin zu 1. darüber hinaus die Zahlung eines Haushaltsführungsschadens.
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob den Klägern nach dem Tode der Mutter unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens der Eltern ein Barunterhalt sowie der Klägerin zu 1) unter Beachtung eigener Tätigkeiten im Haushalt darüber hinaus Naturalunterhalt zusteht. Des Weiteren besteht Uneinigkeit hin sichtlich des Arbeitszeitbedarfs im Haushalt und der Höhe des Schadens.
Im Übrigen wird wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der Darstellung des Sach und Streitstandes auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat mit dem am 02.03.2009 verkündeten Urteil der Klage im Wesentlichen stattgegeben. es hat den Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Blatt 89 ff d.A.) verwiesen.
Dagegen wenden sich sowohl die Beklagte als auch die Klägerin zu 1) mit der Berufung.
Die Beklagte verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht einen Barunterhalt zugesprochen. Tatsächlich habe die getötete Mutter kein eigenes Einkommen erzielt. Mit diesem Einwand habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Maßgeblich sei für die Berechnung einer Unterhaltsleistung nur das wirkliche Arbeitseinkommen der getöteten Person. Aus den Einnahmen der landwirtschaftlichen Betriebe sei der Mutter der Kläger tatsächlich kein Vermögen zugeflossen. Deshalb hätten die Kläger auch keinen Barunterhaltsanspruch. Nach dem Tode der Mutter habe das Einkommen der Familie in unverändertem Umfang zugestanden, so dass die Kläger allein entsprechende Barunterhaltsansprüche gegen ihren Vater hätten. Ferner habe sich das Landgericht auch nicht mit der hilfsweisen Argumentation einer (unterstellten) Doppelverdiener-Eh...