Rz. 76

Demgemäß ist zunächst aus dem Bruttoeinkommen das Nettoeinkommen (bei der hier behandelten Fallgruppe dasjenige des getöteten Alleinverdieners) zu ermitteln, das nach Abzug der Steuern und der Sozialversicherungsbeiträge für Unterhaltszwecke zur Verfügung stand und voraussichtlich wei­ter zur Verfügung gestanden hätte. Hierbei ist in ähnlicher Weise wie bei der Ermittlung des im Rah­men des Erwerbsschadens relevanten Einkommens (dazu oben § 14 B) vorzugehen. Zu den maß­geblichen Einkünften können gehören sämtliche Einkünfte aus selbstständiger oder abhängiger Tätigkeit, bei abhängig Tätigen alle Lohn- oder Gehaltsbestandteile (z.B. Überstundenvergütung, Urlaubs-, Weihnachtsgeld) und Nebenverdienste, Renten, soweit diese grundsätzlich der Befriedigung des Unterhaltsbedarfs dienen, z.B. auch die Verletztenrente und die Grundrente, Erwerbser­satzeinkommen (z.B. Krankengeld, Arbeitslosengeld und -hilfe, Versorgungsbezüge), Vermögenserträgnisse, soweit sie zum Familienunterhalt verwendet wurden, und auch öffentlich-rechtliche Leistungen, wobei nicht ohne weiteres deren sozialpolitische Zweckbestimmung maßgebend ist; ausschlaggebend ist vielmehr, ob die Einkünfte tatsächlich zur (teilweisen) Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stehen.[147]

 

Rz. 77

Nicht zu berücksichtigen sind Aufwandsentschädigungen und Spesen (soweit nicht verschleiertes Einkommen),[148] Einkünfte aus verbotener Schwarzarbeit,[149] Wert der Eigenleistungen für einen Hausbau[150] und das Kindergeld.[151] Ausnahmsweise kann statt des Nettoeinkommens das Bruttoeinkommen (unter Abzug der Sozialabgaben) dann maßgeblich sein, wenn und solange das Finanzamt vom Arbeitseinkommen einbehaltene Steuerbeträge nach steuerrechtlichen Vorschriften zurückzuerstatten hatte und auch diese Beträge voll für den Familienunterhalt zur Verfügung standen.[152]

 

Rz. 78

Abzuziehen sind Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, freiwillige Beiträge zu Versicherungen (z.B. Lebens-, Krankenzusatz-, Unfallversicherung[153]), Gewerkschaftsbeiträge,[154] Rücklagen für die Alterssicherung,[155] Aufwendungen zur Vermögensbildung,[156] Werbungskosten (insbesondere Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, diese können pauschal mit 5 % des Nettoeinkommens bemessen werden)[157] und Sonstiges, wie etwa Zahlungsverpflichtungen an nichteheliche Kinder und geschiedene Ehegatten, welche das zur Verfügung stehende Einkommen mindern.[158]

[147] Z.B. Eigenheimzulagen und Kinderzulagen, vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 – VI ZR 346/02, VersR 2004, 75 = r+s 2004, 342 m. Anm. Lemcke S. 343.
[148] Vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1985 – VI ZR 55/84, VersR 1986, 264, 265 für Aufwandsentschädigungen eines Sportvereins.
[151] BGH, Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 50/78, VersR 1979, 1029; OLG Saarbrücken, Urt. v. 3.1.2005 – 3 U 568/03, OLGR Saarbrücken 2005, 179; zur Einkommensermittlung bei Tötung eines Gesellschafter-Geschäftsführers vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 25.11.1988 – 1 U 29/87, NJW-RR 1990, 1440, 1441.
[152] Vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1990 – VI ZR 127/89, VersR 1990, 748, 749.
[153] Vgl. etwa vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2012 – VI ZR 122/11, VersR 2012, 1048, dazu Höher, VersR 2012, 1050; vgl. aber OLG Zweibrücken, Urt. v. 4.12.1992 – 1 U 155/89, VersR 1994, 613.
[154] Vgl. Jahnke, jurisPR-VerkR 11/2008 Anm. 2.
[155] Vgl. aber OLG Zweibrücken, Urt. v. 4.12.1992 – 1 U 155/89, a.a.O.
[156] Z.B. OLG Nürnberg, Urt. v. 9.4.1997 – 4 U 1841/96, NZV 1997, 439.
[157] Vgl. KG, Urt. v. 20.10.2005 – 12 U 31/03, DAR 2006, 149; OLG Frankfurt, Urt. v. 26.7.2005 – 17 U 18/05, Schaden-Praxis 2005, 338; OLG Koblenz, Urt. v. 19.11.2007 – 12 U 1400/05, NJW-RR 2008, 1097, dazu Jahnke, jurisPR-VerkR 11/2008 Anm. 2.
[158] Vgl. Jahnke, jurisPR-VerkR 11/2008 Anm. 2.

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