Rz. 156
Die Ehegatten können zum gemeinsamen Familienunterhalt auch dadurch beitragen, dass sie ihre Arbeitskraft einem gemeinschaftlichen Erwerbsgeschäft widmen oder – ohne oder gegen eine der tatsächlichen Leistung nicht angemessene Bezahlung – in einem Unternehmen mitarbeiten, das nur einem von ihnen beiden rechtlich zugeordnet ist. Auch in diesen Fällen kann dann, wenn die als Unterhalt geleistete Mitarbeit des einen Ehegatten durch dessen unfallbedingte Tötung entfällt, dem Partner ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 844 Abs. 2 BGB zustehen; § 845 BGB kommt hier nicht in Betracht, da kein Ehegatte dem anderen in diesem Sinne Dienstleistungen schuldet.
Rz. 157
Eine Pflicht des Ehegatten, im Betrieb des anderen mitzuarbeiten, kann sich zum einen aus der ehelichen Beistandspflicht des § 1353 BGB ergeben, aber eventuell auch aus der Verpflichtung resultieren, zur Sicherung des Familienunterhalts beizutragen, § 1360 BGB (vgl. näher oben § 13 Rdn 230 ff.). Eine Mitarbeit auf dieser Grundlage kann vor allem in kleineren Familienbetrieben (z.B. der Gastronomie oder der Landwirtschaft) vorkommen. Auch ist es nicht selten, dass ein Erwerbsgeschäft rechtlich zwar nur einem Ehegatten gehört, die zentrale Rolle in der Geschäftsführung jedoch der andere Ehegatte spielt, der sozusagen die "Seele" des Betriebs ist, dessen formale Entlohnung aber bei weitem nicht seine wirkliche Leistung abdeckt. Wird in derartigen Fällen der mitarbeitende (oder das Geschäft in Wahrheit führende) Ehegatte getötet, so kann dies für den überlebenden Ehegatten den Verlust eines entsprechenden Unterhaltsanspruchs darstellen, so dass der Schädiger nach § 844 Abs. 2 BGB zum Ausgleich verpflichtet ist. Arbeitsleistungen eines Ehegatten im Betrieb einerseits, im Haushalt andererseits können in einer Wechselbeziehung stehen, die bei Berechnung der Ersatzansprüche nicht außer Acht gelassen werden darf. Stellt sich die Mitarbeit nicht als Erbringung der Unterhaltsleistung dar, kommt auch kein Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB in Betracht.
Rz. 158
Gehört ein Erwerbsgeschäft, das von in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten betrieben wird, zu deren Gesamtgut, so ist die von ihnen erbrachte Arbeitsleistung, soweit sie nicht entlohnt wird, als Unterhaltserbringung gegenüber der Familie zu sehen. Auch in diesem Fall löst der Wegfall der Mitarbeit eines unfallbedingt getöteten Ehegatten einen Schadensersatzanspruch des Überlebenden aus § 844 Abs. 2 BGB aus.
Rz. 159
Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn Eheleute ein Erwerbsgeschäft gemeinsam in der Form der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts betreiben (dazu oben § 13 Rdn 235). In diesem Fall erbringen die Ehegatten ihre Arbeitsleistung nicht auf unterhaltsrechtlicher, sondern auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Da hinsichtlich der konkreten Mitarbeit dem überlebenden Ehegatten kein unterhaltsrechtlicher Anspruch entzogen worden ist, kann ein Ausgleich insoweit nicht auf der Grundlage des § 844 Abs. 2 BGB in Betracht kommen. Eine andere Frage ist es, ob und in welchem Umfang der Schädiger deswegen einstehen muss, weil der Getötete dem überlebenden Ehegatten (und den Kindern) auch unabhängig von der konkreten gesellschaftsrechtlichen Mitarbeit im gemeinsamen Betrieb unterhaltspflichtig gewesen wäre.
Rz. 160
Im Hinblick auf § 843 Abs. 4 BGB wird ein durch den Wegfall unterhaltsrechtlich geschuldeter Mitarbeit des Ehegatten begründeter Schadensersatzanspruch aus § 844 Abs. 2 BGB nicht dadurch berührt, dass ein Dritter, etwa ein Verwandter, "in die Bresche springt", also z.B. der Sohn für den getöteten Vater nunmehr die Arbeit im Betrieb der Eltern übernimmt.
Rz. 161
Heiratet der hinterbliebene Ehegatte wieder und ist der neue Ehepartner zwar nicht – wie es der getötete gewesen war – im Erwerbsgeschäft des Hinterbliebenen tätig, ermöglicht er aber durch seinen aufgrund anderweitiger Berufstätigkeit erzielten finanziellen Unterhaltsbeitrag die Einstellung einer Ersatzkraft, die im Erwerbsgeschäft den Ausfall der Leistung des getöteten Ehegatten wettmacht, so wird dadurch der ersatzfähige Schaden des Hinterbliebenen vermindert; dem steht § 843 Abs. 4 BGB nicht entgegen.