Rz. 138
Häufig wird die Restfamilie bei unfallbedingter Tötung des haushaltsführenden Ehegatten auf die Einstellung einer alle Hausarbeiten abdeckenden Ersatzkraft verzichten und versuchen, sich (ggf. unter Mithilfe von Verwandten oder Zuziehung einer stundenweise für bestimmte Arbeiten eingesetzten entgeltlichen Aushilfe) so gut wie möglich zu behelfen und den Haushalt zu bewältigen. Dieser besondere Einsatz darf dem Schädiger nicht zugutekommen. Vielmehr verbleibt es bei einem zu ersetzenden Haushaltsführungsschaden, der sich in der Regel an dem fiktiv für eine angemessene Ersatzkraft zu erwartenden Aufwand ausrichten kann, der den Ausgangspunkt für die nach § 287 ZPO vorzunehmende Schadensschätzung im Einzelfall darstellt.
Rz. 139
Auch in diesem Fall sind die Kosten einer vergleichbaren Ersatzkraft ein Anhaltspunkt für den Wert der entgangenen Haushaltsführung. Bei derart fiktiver Abrechnung ist allerdings nur der Nettolohn einer vergleichbaren Ersatzkraft zugrunde zu legen. Denn soweit sich die Familie ohne Einschaltung einer bezahlten Kraft behilft, fallen Steuern und Sozialabgaben nicht an. Wird der Ausfall der Hausfrau nur teilweise durch eine bezahlte Ersatzkraft ausgeglichen, ist teilweise konkret auf Bruttobasis, teilweise fiktiv auf Nettobasis abzurechnen.
Rz. 140
Grundlage der Schadensermittlung ist nicht der tatsächliche Arbeitsaufwand, den die getötete Hausfrau hatte, sondern der Arbeitszeitbedarf, der zur Erfüllung der rechtlich geschuldeten Haushaltsführung erforderlich war, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob und in welchem Umfang die übrigen Familienmitglieder ohne den Tod des bzw. der Haushaltsführenden eine Mitarbeitspflicht getroffen hätte. Der zeitliche Aufwand für die Haushaltsführung ist nach dem Tod des Haushaltsführenden in dem um eine Person reduzierten Haushalt geringer als vorher. Insoweit kann allerdings nicht nach Kopfteilen gerechnet werden. Wegen der Rationalisierungseffekte in einem mehrköpfigen Haushalt verringert sich die Hausarbeit bei Wegfall einer Person oft nur geringfügig. Anhaltspunkte für den Abzug lassen sich etwa der Tabelle 1 von Schulz-Borck/Hofmann entnehmen. Da der überlebende Ehegatte durch das Unfallereignis von seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem bzw. der Getöteten frei wird, ist die dadurch bewirkte Ersparnis im Wege der "Vorteilsausgleichung" schadensmindernd anzurechnen.
Rz. 141
Sind die Ausgangstatsachen vom Geschädigten ausreichend dargelegt (vgl. oben Rdn 133 und § 13 Rdn 193 ff.), erfolgt die Ermittlung des Unterhaltsersatzbetrages für die entgangene Haushaltsführung in der Regel in fünf Schritten:
a) |
Ermittlung des wöchentlichen Zeitbedarfs für die gesetzlich geschuldete Haushaltsführung vor dem Unfall, |
b) |
Ermittlung des wöchentlichen Zeitbedarfs für die Haushaltsführung in dem um die getötete Hausfrau reduzierten Haushalt, |
c) |
Abzüge wegen der Mithilfepflicht der Unterhaltsgeschädigten, |
d) |
Bewertung der Arbeit und Ermittlung des monatlichen Ersatzbetrages, |
e) |
Aufteilung des Ersatzbetrages auf die Unterhaltsgeschädigten. |
Rz. 142
Der wöchentliche Zeitbedarf für die Haushaltsführung wird bestimmt durch die Anzahl der Familienmitglieder, das Alter der Kinder, die Größe und Ausstattung der Wohnung und den allgemeinen Lebenszuschnitt. Die Ermittlung des konkreten wöchentlichen Zeitbedarfs kann etwa anhand der Zeitangaben in in der Praxis anerkannten Tabellen vorgenommen werden. Dieses Verfahren hat auch der Bundesgerichtshof gebilligt. Zu ermitteln ist der konkrete Zeitbedarf für die gesamte Haushaltsführung (ohne Abzüge für Mithilfe) in dem konkreten zur Regulierung bzw. Entscheidung anstehenden Fall. Für die Einordnung in eine der vier Anspruchsstufen können ergänzende Tabellen herangezogen werden. Im Zweifel ist von einer einfachen oder mittleren Anspruchsstufe auszugehen, da im statistischen Mittel nur ein verhältnismäßig geringer Anteil an Haushalten der gehobenen und der hohen Anspruchsstufe angehören wird. Den – für die Abrechnung maßgeblichen – individuellen Verhältnissen kann durch zeitliche Zu- oder Abschläge aufgrund ergänzender Tabellen Rechnung getragen werden. So können z.B. das Wohnen im Haus mit Garten statt in einer Etagenwohnung und die Versorgung und Betreuung von Kleinkindern zu teilweise erheblichen Erhöhungen des Zeitaufwands führen. Dagegen können eine überdurchschnittliche Technisierung, die Auslagerung von Haushaltsarbeiten oder die Beschäftigung von Hilfskräften für Haus und Garten zu einer Senkung des Normalbedarfs führen. Es ist immer im Auge zu behalten, dass die Tabellen nur ein Hilfsmittel für die Schätzung im konkreten Einzelfall sind und soweit wie möglich auf die konkreten Umstände abgestellt werden sollte.
Rz. 143
Bei der Ermittlung des wöchentlichen Zeitbedarfs für die Haushaltsführung in dem um die getötete Hausfrau reduzierten Haushalt ist der Anteil an der wöchentlichen Haushaltstätigkeit, der auf die Eigenversorgung des getöteten Haushaltsführenden entfiel, abzusetzen. Denn der Er...