Rz. 73
Bei einem Betriebsunternehmen in der Rechtsform einer KG kann in dieser Gesellschaft im Grundsatz (nur) derjenige seinen Willen durchsetzen, der auch über die erforderliche Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung der KG verfügt.
Im Fall der Betriebs-GmbH gilt nach § 47 Abs. 1 GmbHG das Mehrheitsprinzip kraft Gesetzes für alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung. Zugleich sieht § 47 Abs. 4 GmbHG vor, dass ein Gesellschafter gem. § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG bei Beschlüssen kein Stimmrecht hat, welche die Vornahme eines Geschäfts des täglichen Lebens ggü. diesem Gesellschafter betreffen. Der Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs. 4 GmbHG allein steht der Beherrschung der Betriebs-GmbH durch den oder die Doppelgesellschafter nach der ständigen BFH-Rspr. nicht entgegen.
Ebenso wenig wird eine persönliche Verflechtung verhindert, wenn an den Anteilen der Betriebskapitalgesellschaft ein Nießbrauch bestellt ist, sich der Nießbrauch auf die gesamte Beteiligung erstreckt und dem Nießbraucher (Besitzunternehmer) eine Rechtsstellung mit Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft eingeräumt wird. Nach Auffassung des BFH müssen dem Inhaber des Besitzunternehmens dazu sämtliche Stimm- und Verwaltungsrechte erhalten bleiben und das Stimmrecht ohne Beschränkungen garantiert sein.
Entscheidend ist für den BFH generell, ob die oder der Doppelgesellschafter in der praktischen Handhabung ihren Willen in der Betriebs-GmbH durchsetzen können. Hierbei hat die Rspr. eine personelle Verflechtung bejaht, wenn der Nur-Betriebsgesellschafter bei den Geschäften des täglichen Lebens, von den Doppelgesellschaftern überstimmt werden kann. In einer weiteren Konstellationen hat die Rspr. trotz eines Einstimmigkeitsprinzips die personelle Verflechtung angenommen, weil die Besitzgesellschafter zugleich als Geschäftsführer der Betriebs-Gesellschaft tätig waren und sie die das Nutzungsverhältnis betreffenden Rechtshandlungen ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung durchführen und aufgrund ihrer Mehrheit ihre Abberufung als Geschäftsführer verhindern konnten. Der BFH begründet dies in einer Entscheidung vom 30.11.2005 damit, dass wenn der Gesellschaftsvertrag Geschäfte des täglichen Lebens nicht von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig gemacht habe und der Geschäftsführer die Geschäfte des täglichen Lebens zwar im Interesse der Gesellschaft, aber grds. gem. § 37 Abs. 1 und § 45 GmbHG eigenverantwortlich zu führen habe. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der allein oder zusammen mit einem anderen Sowohl-als-auch-Gesellschafter über die einfache Mehrheit der Stimmen gem. § 47 Abs. 1 GmbHG verfüge, beherrsche deshalb die Geschäfte des täglichen Lebens in der Betriebsgesellschaft, wenn ihm – abgesehen vom Fall des Vorliegens eines wichtigen Grunds – die Geschäftsführungsbefugnis nicht gegen seinen Willen entzogen werden könne. Dies gelte auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag für alle zu fassenden Beschlüsse (mindestens) eine qualifizierte Mehrheit vorschreibe, über die der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht verfüge.
Es sei unerheblich, wenn die Nur-Betriebs-Gesellschafter, die über das in § 50 Abs. 1 GmbHG genannte Quorum verfügten, die Berufung einer Gesellschafterversammlung verlangen und vom Gesellschafter-Geschäftsführer vorzunehmende Geschäfte des täglichen Lebens zum Beschlussgegenstand machen könnten. Der Gesellschafter-Geschäftsführer könne bei einer solchen Sachlage die von seinem Besitzunternehmen überlassene wesentliche Betriebsgrundlage deshalb dauerhaft als unternehmerisches "Instrument der Beherrschung" einsetzen. Er habe es im Besitzunternehmen zudem in der Hand, das Rechtsverhältnis über die Nutzung der überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlage durch Kündigung zu beenden.
Rz. 74
Hinweis:
Eine tragfähige Gestaltung verlangt daher, dass spiegelbildlich zu den Rspr.-Grundsätzen beim Besitzunternehmen auch beim Betriebsunternehmen das Einstimmigkeitsprinzip oder eine andere qualifizierte Mehrheit abweichend von § 47 Abs. 1 GmbHG sowohl hinsichtlich der Geschäfte des täglichen Lebens als auch hinsichtlich der Grundlagengeschäfte im Gesellschaftsvertrag der GmbH enthalten ist. Geschäftsführungsbefugnisse für Gesellschafter mit qualifizierter Mehrheit in der Betriebs-GmbH sind schädlich.
Rz. 75
Die BFH-Rspr. hat den Kreis der möglichen Betriebsunternehmen, die Körperschaften sind, ausgeweitet. So kann die Aktiengesellschaft Betriebsunternehmen des Mehrheitsaktionärs sein, wenn dieser sowohl über ein Mehrheitsstimmrecht verfügt als auch Einfluss auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats hat. Für die Genossenschaft hält der BFH dies unter bestimmten Voraussetzungen für möglich.