Rz. 184
Wird erst in einem späteren Veranlagungszeitraum erkannt, dass zu einem früheren Zeitpunkt die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung eingetreten sind, ist grds. auf den Zeitpunkt des Beginns eine Anfangsbilanz aufzustellen. Sind für diesen Veranlagungszeitraum der entsprechende Einkommensteuerbescheid des Besitzeinzelunternehmers oder ein Gewinnfeststellungsbescheid bereits bestandskräftig und aufgrund der Festsetzungsverjährung nicht mehr änderbar, ist diese auf den Beginn des ersten verfahrensrechtlich offenen VZ zu erstellen. Es liegt eine Betriebseröffnung vor. Die nachträgliche Aufnahme solcher Wirtschaftsgüter in die (Anfangs-)Bilanz ist – mangels tatsächlicher Zuführung zum Betriebsvermögen – keine Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, sondern eine berichtigende (technische) Einbuchung. Demgemäß bestimmt sich der Bilanzansatz für eine fehlerberichtigende Einbuchung bei unterlassener Aktivierung eines Wirtschaftsguts nach dem Wert, mit dem das bisher zu Unrecht nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde d.h. es findet eine lückenlose Erfassung aller stillen Reserven statt. Soll in diesem Fall die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nach Ablauf des VZ als Gewinnermittlungsmethode gewählt werden, versagte die Rspr. diese Möglichkeit regelmäßig auch in den Fällen des "nachträglich erkannten Betriebs" deshalb, weil die Wahl der Gewinnermittlungsmethode das Bewusstsein voraussetze, Gewinneinkünfte zu erzielen. Der BFH hat seine restriktive Rspr. in diesem Bereich für die nachträglich erkannte gewerbliche Betätigung jedoch teilweise aufgegeben: Das Recht zur Wahl einer Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung entfällt danach erst mit der Erstellung eines Abschlusses und nicht bereits mit der Einrichtung einer Buchführung oder der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz, d.h. das Wahlrecht wird nicht zu Beginn, sondern erst nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt. In den Fällen unerkannter betrieblicher Tätigkeit fehlt es somit regelmäßig an der Ausübung der Wahl zugunsten des Betriebsvermögensvergleichs gem. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG. Der Steuerpflichtige hat aber auch noch keine Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewählt, weil ihm das Bestehen des Wahlrechts nicht bekannt ist. Die Aufzeichnung von Einnahmen und Werbungskosten – etwa der Mieteinnahmen und -ausgaben im Besitzunternehmen (§§ 8, 9 EStG) ist ihrerseits aber ebenfalls noch keine konkludente Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung, selbst wenn die Aufzeichnungen und Belegsammlungen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 EStG erfüllen würden. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung kann noch bis zur Bestandskraft der Veranlagung als Gewinnermittlungsmethode gewählt werden. Hat der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen, bleibt es bei der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG, also bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Es muss daher nach Ablauf des Veranlagungszeitraums für die Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung als Gewinnermittlungsmethode dem Finanzamt nicht nur erklärt werden, man wähle diese Gewinnermittlungsart, sondern auch eine (zumindest kursorische) Einnahme-Überschuss-Rechnung vorgelegt werden. Hat der Steuerpflichtige wirksam die Einnahme-Überschussrechnung als Gewinnermittlungsmethode gewählt, kann er nicht später für das betreffende Wirtschaftsjahr diese Wahl rückgängig machen und die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich wählen.
Schließlich scheidet die Wahl der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich aus, wenn der Steuerpflichtige nicht zeitnah zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und eine den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechende Buchführung eingerichtet hat.