Rz. 252
Darüber hinaus kann aber auch bei Fortbestehen einer Betriebsaufspaltung eine Umstrukturierungsmaßnahme zu einer Gewinnrealisierung führen. Der BFH hat in einem Urt. v. 20.7.2005 eine Gewinnrealisierung aufgrund einer Entnahme bei einem Besitzunternehmen angenommen, weil dieses die Beteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten verdeckt eingelegt hatte. Die empfangende Kapitalgesellschaft musste die eingelegten Wirtschaftsgüter gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grds. mit dem Teilwert bilanzieren. Damit korrespondierend hat der einlegende Gesellschafter grds. einen Entnahmegewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG) zu versteuern. Denn der verdeckten Einlage von einzelnen Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen des einlegenden Gesellschafters geht grds. die vorherige Entnahme der nämlichen Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Einlegenden voraus.
Diese führte zu einer Aufdeckung der stillen Reserven im Besitzunternehmen, die im entschiedenen Streitfall als tarifbegünstigte Teilbetriebsaufgabe nach §§ 16 Abs. 3 und Abs. 4, 34 Abs. 1 EStG zu qualifizieren war, da die eingelegte Beteiligung eine 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und damit einen Teilbetrieb gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG darstellte. Die Einlage der Beteiligung hatte auf den Bestand der Betriebsaufspaltung keinen Einfluss, da der BFH mittelbare Betriebsaufspaltungen, die durch eine beherrschte Zwischen-GmbH vermittelt werden, als Fall der personellen Verflechtung anerkennt. Dies bedeutete im entschiedenen Fall, dass auch nach der verdeckten Einlage die Anteile an der Betriebs-GmbH weiter im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens verhaftet blieben.
Rz. 253
Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG ist die 100 %-Beteiligung an der Betriebs-GmbH als Teilbetrieb anzusehen. Rechtsfolge dieser Vorschrift ist die zwingende Buchwertfortführung ohne Aufdeckung der stillen Reserven. Es ist aber umstritten, ob die verdeckte Einlage eines Teilbetriebs in eine empfangende Kapitalgesellschaft unter den Tatbestand des § 6 Abs. 3 EStG subsumiert werden kann. Die Finanzverwaltung sieht im BMF-Schreiben vom 20.11. 2019 in Tz. 1 als aufnehmende Personen auch Kapitalgesellschaften an, sie postuliert aber in Tz. 2 bei unentgeltlichen Übertragungen auf eine Kapitalgesellschaft, an der der Übertragende beteiligt ist, den Vorrang der Rechtsfolgen der verdeckten Einlage (vor der Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 EStG). Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist aufgrund der Entnahme von einer gewinnrealisierenden Teilbetriebsaufgabe im Besitzunternehmen auszugehen. Diese Auffassung ist jedoch nicht unbestritten. Nach anderer Auffassung soll in den Fällen, in denen die Versteuerung der stillen Reserven des Teilbetriebs gewährleistet ist, ein Vorrang des § 6 Abs. 3 EStG zur Geltung kommen.