(1) Ehegatten sind nicht an beiden Unternehmen beteiligt
Rz. 34
Sind die Ehegatten jeweils nur an einem der beiden Unternehmen beteiligt ist gem. dem Beschluss des BVerfG vom 12.3.1985 die Zusammenrechnung ihrer Anteile nicht ohne weiteres zulässig. Das Gericht sieht es als verfassungswidrig an, für Zwecke der Besteuerung eine gleichgerichtete wirtschaftliche Interessenlage anzunehmen, soweit sie ausschließlich auf der Ehe beruht oder mit der Lebenserfahrung begründet wird, zwischen Ehegatten bestünde bei wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen stets eine identische Willensrichtung. Der angeführte Beschluss des BVerfG betrifft aber lediglich Fälle, in denen einem Steuerpflichtigen die Anteile eines Familienangehörigen deshalb zugerechnet werden, weil der Interessengleichklang nur aus der familiären Bindung abgeleitet wird. Eine Betriebsaufspaltung liegt daher mangels personeller Verflechtung nicht vor, wenn das Besitzunternehmen der Ehefrau und das Betriebsunternehmen dem Ehemann gehört oder umgekehrt (Wiesbadener Modell).
(2) Ehegatten sind als Personengruppe an beiden Unternehmen mehrheitlich beteiligt
Rz. 35
Eine Zusammenrechnung von Ehegattenanteilen kommt aber in Betracht, sofern nicht die Ehe allein den Anlass für die Zusammenrechnung gibt, sondern darüberhinausgehende Beweisanzeichen vorliegen, die für gleichgerichtete Interessen sprechen. Solche sind insb. in einer durch umfassende, planmäßige und gemeinsame Betätigung geprägten Wirtschaftsgemeinschaft neben der ehelichen Lebensgemeinschaft sowie bei der Erteilung einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht angenommen worden. Dagegen stellen jahrelanges konfliktfreies Zusammenwirken, das Zur-Verfügung-Stellen der Mittel für die Beteiligung durch den anderen Ehegatten und der Güterstand der Zugewinngemeinschaft noch keine besonderen Beweisanzeichen dar, auch nicht wenn mehrere Indizien gleichzeitig vorliegen.
Ehegattenanteile sind somit zusammenzurechnen, wenn die Ehegatten jeweils an beiden Unternehmen beteiligt sind und i.S.d. Gruppentheorie eine Interessengruppe (allein oder mit anderen Doppelgesellschaftern) bilden, die in beiden Unternehmen ihren Willen durchsetzen kann. Nach dem Urteil des BFH vom 24.2.2000 berührt der zur Betriebsaufspaltung ergangene Beschluss des BVerfG vom 12.3.1985 die Anwendbarkeit der Personengruppentheorie bei Ehegatten nicht, weil diese Grundsätze für Ehegatten und andere Angehörige einerseits sowie für fremde Dritte andererseits in gleicher Weise gelten. Der Interessengleichklang wird, in diesem Fall nicht aus der ehelichen Beziehung, sondern aus dem zweckgerichteten Zusammenschluss derselben Personen in beiden Unternehmen, also der Stellung als "Doppelgesellschafter", abgeleitet.
(3) Ehegatten haben Gütergemeinschaft vereinbart
Rz. 36
Leben Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft und halten sie die Beteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft im Gesamtgut, kann eine Gütergemeinschaft als Besitzunternehmen anzusehen sein. Der BFH hat in einer Entscheidung zu diesem Problemkreis vom 19.10.2006 aus der freien Übertragbarkeit von GmbH-Anteilen (§ 15 Abs. 1 GmbHG) deren zwingende Zuordnung zum Gesamtgut hergeleitet (§ 1416 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Zuordnung zum Gesamtgut führt selbst dann zur Annahme einer personellen Verflechtung, wenn die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft nur von einem Ehegatten erworben werden, weil die Anteile gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten darstellen und gemeinschaftlich verwaltet werden (§§ 1421, 1450 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die gemeinschaftliche Vermögensberechtigung hat zur Folge, dass die Ehegatten für die Prüfung der persönlichen Verflechtung beide als Gesellschafter der Betriebskapitalgesellschaft qualifiziert werden, sodass Gesellschafteridentität im Besitzunternehmen (der Gütergemeinschaft) und der Betriebskapitalgesellschaft hergestellt war.