(1) Möglichkeiten der Zusammenrechnung
Rz. 37
Die Zusammenrechnung kommt grds. in Betracht, sofern den Eltern die Vermögenssorge (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB) zusteht und diese auch die Stimmrechte aus der Beteiligung umfasst, d.h. es darf kein Dritter (Dauerpfleger oder Bevollmächtigter) für die Ausübung der Stimmrechte bestellt worden sein. Haben beide Eltern gemeinsam das Vermögenssorgerecht für das Kind, ist zu beachten, dass von einer bestimmten Ausübung dieses Rechts durch beide Eltern nur ausgegangen werden kann, wenn auch zwischen den Eltern die Zusammenrechnung der Anteile möglich ist (vgl. R 15.7 Abs. 8 EStR 2018).
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Dies ist nach einem Urteil des BFH vom 24.2.2000 der Fall, wenn die Anteile der Eltern als Personengruppe nach den allgemeinen Grundsätzen zusammengerechnet werden dürfen, also nicht die Ehe den Anlass für die Zusammenrechnung gibt, sondern die planmäßig gleichgerichtete Beteiligung und Interessen an beiden Unternehmen. Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind nach dem BFH-Urt. vom 14.4.2021 die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist. Ob eine Stimmenzurechnung ohne Ergänzungspflegschaft zulässig ist, lässt der IV. Senat offen. |
Eine personelle Verflechtung durch Zusammenrechnung liegt nach der weitergehenden Auffassung der Finanzverwaltung in R 15.7 Abs. 8 EStR 2018 vor, wenn
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einem Elternteil oder beiden Elternteilen und einem minderjährigen Kind an beiden Unternehmen jeweils zusammen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen sind. |
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Ist beiden Elternteilen an einem Unternehmen zusammen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen und halten sie nur zusammen mit dem minderjährigen Kind am anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte, liegt, wenn das Vermögenssorgerecht beiden Elternteilen zusteht, grds. eine personelle Verflechtung vor. |
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Hält nur ein Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte und hält er zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen, liegt grds. keine personelle Verflechtung vor; auch in diesem Fall kann aber eine personelle Verflechtung anzunehmen sein, wenn das Vermögenssorgerecht allein beim beteiligten Elternteil liegt oder wenn das Vermögenssorgerecht bei beiden Elternteilen liegt und zusätzlich zur ehelichen Lebensgemeinschaft gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen der Ehegatten vorliegen. |
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Ist nur einem Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen und halten an dem anderen Unternehmen beide Elternteile zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte, liegt grds. keine personelle Verflechtung vor, es sei denn, die Elternanteile können zusammengerechnet werden und das Vermögenssorgerecht steht beiden Elternteilen zu. |
(2) Eintritt der Volljährigkeit
Rz. 38
Anteile volljähriger Kinder werden grds. nicht den Eltern zugerechnet. Besonderes Augenmerk muss daher auf den Eintritt der Volljährigkeit (bei der Zurechnung über das Vermögenssorgerecht) und etwaige Kündigungsrechte gerichtet werden. Nach dem Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz vom 25.8.1998, wurde § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BGB a.F. ergänzt. Hiernach kann ein Gesellschafter, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, die Gesellschaft aus wichtigem Grund kündigen. Daneben wurde eine Haftungsbegrenzung auf das Vermögen zum Zeitpunkt der Volljährigkeit in § 1629a Abs. 1 Satz 1 BGB eingeführt, wenn die Eltern Verbindlichkeiten für das Kind begründet hatten. Die Kündigungsregelung gilt nach herrschender Meinung für die Gesellschafterstellung in der GbR, die OHG und die Komplementärstellung in einer KG, nicht aber für die Kommanditistenstellung.
Rz. 39
Die Kündigung des Volljährigen kann schwerwiegende Folgen haben, wenn hierdurch die personelle Verflechtung und damit die Betriebsaufspaltung in Form einer Betriebsaufgabe entfällt. In umgekehrter Richtung besteht in den Fällen, in denen der Minderjährige als Nur-Besitz- oder Betriebsgesellschafter die personelle Verflechtung verhindert hatte, ein hohes Risiko, dass eine Betriebsaufspaltung durch sein Ausscheiden erstmals entsteht.
Hinweis
Wird eine Kündigung ausgesprochen, ist bis zum tatsächlichen Ausscheidungszeitpunkt der Fortbestand der betrieblichen Verstrickung der Wirtschaftsgüter abzusichern.
Wird keine Kündigung ausgesprochen, entfällt mit Eintritt der Volljährigkeit der Rechtsgrund für ...