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Direkt aus dem grundgesetzlichen Auftrag zur Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder (Art. 6 V GG) leitet das BVerfG einen Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kindes gegen seine Mutter auf Benennung seines Vaters ab. Die Grundrechte des Kindes überwiegen hierbei das einer Auskunftspflicht auf Seiten der Mutter entgegenstehende allgemeine Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 GG. Als Anspruchsgrundlage kann hier § 1618a BGB – Beistandspflicht – angesehen werden.
Aber die Gerichte haben zwischen dem Anspruch des Kindes auf Benennung des Vaters und dem Interesse der Mutter auf Geheimhaltung einen weiten Abwägungsspielraum.
Dazu das BVerfG:
Zitat
"1. Das aus GG Art 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den engeren persönlichen Lebensbereich und darüber hinaus die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und gegenüber wem er persönliche Lebenssachverhalte offenbart (vgl. Grundsatzurteil zum Volkszählungsgesetz, BVerfG, 15.12.1983, 1 BvR 209/83, BVerfGE 65, 1, 43f). Allerdings ist dieses Recht nicht vorbehaltlos gewährleistet. Der Einzelne hat Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse hinzunehmen (vgl. dazu BVerfG a.a.O.)."
2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfaßt zwar auch das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. GG Art 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 verleiht aber kein Recht auf Verschaffung solcher Kenntnisse, sondern kann nur vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen durch staatliche Organe schützen (vgl. BVerfG, 31.1.1989, 1 BvL 17/87, BVerfGE 79, 256, 268f).
3. Die Frage, ob das nichteheliche Kind gegenüber seiner Mutter einen Anspruch auf Benennung des Vaters hat, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist vielmehr vom Gesetzgeber oder von den Gerichten bei der Wahrnehmung ihrer aus den Grundrechten folgenden Schutzpflicht zu entscheiden. Bei der Erfüllung der Schutzpflicht ist es Aufgabe der jeweils zuständigen staatlichen Organe, zwischen einander gegenüberstehenden Grundrechten abzuwägen und die negativen Folgen zu berücksichtigen, die eine bestimmte Form der Erfüllung der Schutzpflicht haben könnte.“
Eine nichteheliche Tochter hatte ihre Mutter auf Auskunft über Namen und Anschrift ihres leiblichen Vaters in Anspruch genommen. Zur Begründung trug die Tochter vor, sie wolle ihren Vater aus persönlichen Gründen und zur Geltendmachung von Unterhalts- und Erbansprüchen kennen. Soweit dem Auskunftsbegehren die Geltendmachung von Unterhalts- und Erbansprüchen zugrunde liegt, sind Rechtspositionen tangiert, die gem. Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützt sind. Dieser Auskunftsanspruch ist gerade im Hinblick auf das seit 1.4.1998 bestehende volle gesetzliche Erbrecht des nichtehelichen Kindes an seinem Vater von besonderer Bedeutung.
Ist eine Verurteilung der nichtehelichen Mutter auf Auskunft über die Person des natürlichen Vaters erfolgt, so wird das Urteil nach § 888 ZPO vollstreckt; der Anordnung des Beugezwanges steht § 888 Abs. 3 ZPO nicht entgegen.