Rz. 5

Nach § 396 ZGB-DDR hatten in den neuen Bundesländern die nichtehelichen Kinder ohne zeitliche Begrenzung volles Erb- und Pflichtteilsrecht am nichtehelichen Vater und dessen Verwandten.[4] Voraussetzung für einen Pflichtteilsanspruch war jedoch gem. § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB, dass das Kind im Zeitpunkt des Todes des Erblassers auch tatsächlich einen Unterhaltsanspruch gegen ihn hatte.

Nach Art. 235 § 1 EGBGB bleibt für die erbrechtlichen Verhältnisse das bisherige Recht maßgebend, wenn der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben ist.[5]

 

Rz. 6

Ist der Erblasser nach dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben, so gelten in Ansehung eines nichtehelichen Kindes, das vor dem Beitritt geboren ist, die für die erbrechtlichen Verhältnisse eines ehelichen Kindes geltenden Vorschriften.

Maßgebend war der Wohnsitz des nichtehelichen Vaters.

 

Rz. 7

Für eheliche Abkömmlinge eines nach dem 2.10.1990 und vor dem 1.4.1998 verstorbenen Erblassers aus der ehemaligen DDR gilt, dass deren Pflichtteilsberechtigung – gemäß Art. 230 EGBGB und im Umkehrschluss aus Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB, der für alle erbrechtlichen Verhältnisse das bisherige Recht für maßgebend erklärt, wenn der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben ist[6] – allein nach den Vorschriften des BGB zu beurteilen ist. Das gilt sogar für im ZGB-DDR nicht vorgesehene Pflichtteilsergänzungs- und Herausgabeansprüche gemäß §§ 2325, 2329 BGB wegen Schenkungen, die der Erblasser vor der Wende vorgenommen hatte.[7] Dementsprechend kommt es auf eine bei Eintritt des Erbfalls bestehende Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Erblasser, die § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB zur Voraussetzung einer Pflichtteilsberechtigung des Abkömmlings – gleichviel, ob ehelich oder nichtehelich – erhob, gerade nicht an.[8]

 

Rz. 8

Art. 235 EGBGB begründet kein eigenes Pflichtteilsrecht, sondern regelt lediglich, welche Rechtsvorschriften des bisherigen Erbrechts im Beitrittsgebiet weiter anwendbar bleiben, also die Vorschriften des ZGB.[9]

 

Rz. 9

Bis 31.3.1998 galt unterschiedliches Recht in den alten Bundesländern einerseits und den neuen Bundesländern andererseits, Art. 227 EGBGB, ErbGleichG v. 16.12.1997.[10]

Die wesentlichsten Unterschiede bestanden darin, dass

die nichtehelichen Kinder in den neuen Bundesländern volles Erbrecht an ihrem Vater hatten, während die nichtehelichen Kinder in den alten Bundesländern neben Ehegatten/Verwandten der ersten Ordnung nur einen Erbersatzanspruch – also einen Geldanspruch – gegen die übrigen Erben hatten und
die nichtehelichen Kinder bereits zu Lebzeiten ihres Vaters von diesem eine Abfindung ihres Erbrechts – den sog. vorzeitigen Erbausgleich – verlangen konnten.
 

Rz. 10

Die am 1.4.1998 in Kraft getretenen Regelungen gelten aber nicht für nichteheliche Kinder, die vor dem 1.7.1949 geboren sind, sofern der Erbfall vor dem 29.5.2009 eingetreten ist. Sie und ihre Abkömmlinge haben nach wie vor kein gesetzliches Erbrecht am Nachlass ihres Vaters und dessen Verwandten, auch keinen Erbersatzanspruch. Und umgekehrt hat der Vater kein Erbrecht an seinem nichtehelichen Kind. Insofern ist das bis zum 30.6.1970 geltende Recht erhalten geblieben. Die nichtehelichen Väter, die bisher schon nicht mit einem Erbrecht dieser Kinder zu rechnen brauchten, sollten nach dem Willen des Gesetzgebers weiterhin auf diesen Rechtszustand vertrauen können. (Zur Neuregelung durch des Zweite Erbrechtsgleichstellungsgesetz und die insoweit relevante Rechtsprechung des EGMR siehe unten Rdn 33 ff.).

[4] Seit 1.4.1966 u.U. gesetzliches Erbrecht, nach dem 1.1.1976 Gleichstellung.
[5] Zum Vaterschaftsfeststellungsrecht in der ehemaligen DDR vgl. BayObLG FamRZ 2003, 1595 = BayObLGZ 2003, 68 = Rpfleger 2003, 429 = ZEV 2003, 503.
[6] Vgl. zum Umkehrschluss OLG Dresden NJW 1999, 3345.
[7] BGHZ 147, 95; ebenso bereits OLG Dresden NJW 1999. 3345.
[10] BGBl I 1997, 2968.

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