Rz. 97

Eine Schadensersatzpflicht aus § 823 Abs. 2 BGB setzt immer ein Verschulden voraus (§ 823 Abs. 2 Satz 2 BGB). Kann gegen ein Schutzgesetz nach seinem Inhalt ohne Verschulden verstoßen werden, so ist für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB eine fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung des Schutzgesetzes erforderlich. Sieht dieses eine bestimmte Schuldform vor, so ist diese für § 823 Abs. 2 BGB maßgeblich.[387] Genügt zum Verstoß gegen das Schutzgesetz Fahrlässigkeit, so gilt dies auch für die Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB; verlangt die Verletzung des Schutzgesetzes Vorsatz, so ist dieser auch für die Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB notwendig.[388]

Ein Anscheinsbeweis für Vorsatz entfällt.[389]

 

Rz. 98

Es braucht nur der Vorsatz vorzuliegen, den das Schutzgesetz für einen Verstoß voraussetzt.[390] Dies ist insb. bedeutsam für die Verletzung von Schutzgesetzen des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts.[391] Im Zivilrecht gilt grds. die sog. Vorsatztheorie, die für den Vorsatz auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit verlangt, sodass bei einem Verbotsirrtum eine Haftung wegen Vorsatzes entfällt.[392] Im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht reicht es dagegen nach der sog. Schuldtheorie für den Vorsatz aus, dass der Täter – neben der Kenntnis der Tatbestandsmerkmale und dem Erfolgswillen – das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der tatbestandsmäßigen Handlung zwar nicht gehabt hat (Verbotsirrtum), aber bei gehöriger Anspannung seines Gewissens hätte haben können (vgl. § 17 StGB, § 11 Abs. 2 OWiG).[393] Ist gegen ein Schutzgesetz des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts verstoßen worden, so genügt für eine (Vorsatz-)Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB Vorsatz i.S.d. strafrechtlichen Schuldtheorie. Deswegen steht in einem solchen Falle ein Verbotsirrtum einer Sanktion als Vorsatztat nach § 823 Abs. 2 BGB nicht entgegen, wenn er auf Fahrlässigkeit beruht; anders ist dies nur bei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB, § 11 Abs. 2 OWiG).[394]

[387] BGHZ 46, 17, 21 = NJW 1966, 2014.
[388] BGH, NJW 1962, 910, 911.
[389] BGH, WM 2002, 2473, 2475 f. = NJW 2002, 1643, 1645.
[390] BGH, NJW 1962, 910, 911.
[391] BGH, NJW 1962, 910, 911; BGH, NJW 1985, 134, 135.
[392] BGHZ 69, 128, 142 f. = NJW 1977, 1875 m.w.N.
[393] BGHSt 2, 194, 201 f. = NJW 1952, 593.
[394] BGH, NJW 1962, 910, 911; BGH, NJW 1985, 134, 135.

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