Rz. 1
Ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer kann seinem Auftraggeber (Mandanten) und/oder einem Dritten (Nichtmandanten) aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) haften.
Rz. 2
Aufgrund desselben Sachverhalts können Schadensersatzansprüche aus Vertrag und aus unerlaubter Handlung zusammentreffen, wenn ein Verhalten sowohl gegen eine vertragliche Pflicht als auch gegen eine allgemeine Rechtspflicht verstößt. Es handelt sich dann um eine echte Anspruchskonkurrenz, weil Vertrags- und Deliktsrecht gleichen Rang haben. Findet das Klagebegehren nach dem ihm zugrunde liegenden Sachverhalt eine Rechtsgrundlage sowohl in Delikt- als auch in vertraglichen Ansprüchen, ist folgerichtig derselbe Streitgegenstand betroffen.
Die Voraussetzungen, der Inhalt, der Umfang und die Durchsetzbarkeit solcher Schadensersatzansprüche richten sich grds. nach ihrem jeweiligen Rechtsbereich.
Rz. 3
In Ausnahmefällen können sich Wechselwirkungen ergeben; insb. können Einschränkungen der vertraglichen Haftung auch diejenige aus unerlaubter Handlung aufgrund desselben Sachverhalts begrenzen, etwa bzgl. des Verschuldens oder der Verjährung.
Rz. 4
Im Bereich unerlaubter Handlungen kann ein Rechtsanwalt anlässlich seiner beruflichen Tätigkeit insb. eine Schadensersatzpflicht aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung eines absoluten Rechts eines anderen (vgl. Rdn 7), aus § 823 Abs. 2 BGB wegen Verstoßes gegen ein Schutzgesetz (vgl. Rdn 88 ff.), aus § 824 BGB wegen Kreditgefährdung (vgl. Rdn 104 ff.), aus § 826 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (vgl. Rdn 112 ff.) und aus § 831 BGB wegen Haftung für einen Verrichtungsgehilfen (vgl. Rdn 133 ff.) auslösen.
Rz. 5
Eine Beteiligung an einer fremden unerlaubten Handlung, insb. als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe, führt dazu, dass jeder Beteiligte den gesamten Schaden zu ersetzen hat (§ 830 BGB). Mehrere Verantwortliche haften dem Geschädigten als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB); für den Ausgleich in deren Innenverhältnis sind neben §§ 426, 254 BGB die besonderen Regelungen des § 840 Abs. 2, 3 BGB zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer unerlaubten Handlung i.S.v. § 830 BGB richten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Demgemäß verlangt die Teilnahme neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. In objektiver Hinsicht muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war. Mittäterschaft setzt nach den auch im Rahmen von § 830 BGB maßgeblichen strafrechtlichen Grundsätzen einen gemeinsamen Tatentschluss voraus, der die einzelnen Tatbeiträge zu einer gemeinschaftlich begangenen Tat verbindet.
Gehilfe ist gem. § 27 Abs. 1 StGB, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Als Hilfeleistung in diesem Sinne ist grds. jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt dieses Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich.
Für die Annahme eines Gehilfenvorsatzes genügt es nicht, wenn sich ein Steuerberater im Rahmen seiner Prüfertätigkeit der Kenntnis des betrügerischen Systems einer Gesellschaft für Anlageberatung und Anlagevermittlung verschlossen haben sollte. Der Berater darf grds. darauf vertrauen, dass die ihm mitgeteilten Zahlen zutreffend sind. Anderes kann aber gelten, wenn dem Steuerberater Umstände ersichtlich sind, die gegen die Richtigkeit der Vorgaben sprechen. Auch wenn solche Umstände anzunehmen sind und der Berater sich hieraus ergebende Prüfungspflichten verletzt mit der Folge eines nicht zutreffenden Berichtes oder Jahresabschlusses, kann hieraus jedoch noch nicht auf einen Gehilfenvorsatz geschlossen werden. Dies kommt erst dann in Betracht, wenn der Berater seinen Bericht vorsätzlich nicht nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Durchführung erstellt, um eine Erledigung des Insolvenzantrags zu erreichen und die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zu ermöglichen.