Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
A. Einleitung
Rz. 1
Wenn die zulässigen Rechtsmittel ausgeschöpft sind, bleibt nur noch die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 93, 23 BVerfGG.
B. Erschöpfung des Rechtswegs
Rz. 2
Die Anrufung des BVerfG ist grundsätzlich nur und erst dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer zuvor den Rechtsweg erschöpft und darüber hinaus die ihm zur Verfügung stehenden weiteren Möglichkeiten ergriffen hat, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder diese zu verhindern. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, wenn und soweit eine anderweitige Möglichkeit besteht oder bestand, die Grundrechtsverletzung zu beseitigen, oder ohne Inanspruchnahme des BVerfG im praktischen Ergebnis dasselbe zu erreichen ist oder gewesen wäre.
Rz. 3
Vor dem Erheben der Verfassungsbeschwerde müssen daher alle verfügbaren Rechtsmittel (Berufung, Revision, Beschwerde, Nichtzulassungsbeschwerde) genutzt worden sein. Zu den Möglichkeiten, den geltend gemachten Grundrechtsverstoß schon im Verfahren vor den Fachgerichten abzuwehren, gehören auch die ausreichende Darstellung des relevanten Sachverhalts, geeignete Beweisanträge, Wiedereinsetzungsanträge bei unverschuldeter Fristversäumung u.Ä. Eine Verfassungsbeschwerde ist daher unzulässig, soweit solche Möglichkeiten im fachgerichtlichen Verfahren nicht genutzt wurden.
Rz. 4
Wird die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs gerügt, Art. 103 Abs. 1 GG, ist, wenn gegen die angegriffene Entscheidung ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, die Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn zuvor versucht wurde, durch Einlegung einer Anhörungsrüge (insbesondere § 321a ZPO, § 152a VwGO, § 178a SGG, § 78a ArbGG, § 44 FamFG, § 133a FGO, §§ 33a, 356a StPO) beim zuständigen Fachgericht Abhilfe zu erreichen. Die etwaige Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich in einem solchen Fall regelmäßig nicht auf die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern erfasst auch alle sonstigen Rügen.
Rz. 5
Das Erheben einer Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht wird für eine zulässige Verfassungsbeschwerde zum BVerfG nicht vorausgesetzt.
C. Fristen und Form
Rz. 6
Nach §§ 93 Abs. 1 S. 1, 23 Abs. 1 S. 2 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde schriftlich binnen eines Monats zu erheben und zu begründen.
Rz. 7
Die Begründung der Verfassungsbeschwerde erfordert eine substantiierte Darlegung des grundrechtsverletzenden Vorgangs. Dies beinhaltet folgende Anforderungen:
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Ausführungen zur behaupteten Grundrechtsverletzung, |
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die Darlegung der angegriffenen Entscheidungen, die als Kopien in der Anlage in die Verfassungsbeschwerde miteinbezogen werden können, |
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die Darlegung der Erschöpfung des Rechtswegs und das Vorliegen der Subsidiarität sowie |
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die juristische Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung. |
Rz. 8
Sämtliche Anforderungen müssen innerhalb der Beschwerdefrist erfüllt werden, d.h. mit einem später nachgereichten Schriftsatz können fehlende Anforderungen nicht nachgeholt werden. Die Verfassungsbeschwerde bleibt dann unzulässig.
D. Verfahren vor dem BVerfG
Rz. 9
Welcher der beiden Senate des BVerfG für das Verfahren zuständig ist, richtet sich bei Verfassungsbeschwerden danach, aus welchem Rechtsgebiet der Fall stammt und welche GG-Norm verletzt sein soll. Ein Eintrag in das Ver...