Rz. 89

Auf den ersten Blick erscheint es zweckmäßig, die Gestaltungsaufgabe dadurch zu lösen, dass man das zu schützende Betriebsvermögen für den Fall der Beendigung des Güterstandes in anderer Weise als durch Tod aus dem auszugleichenden Vermögen ausnimmt, indem bestimmt wird, dass das Unternehmen sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen in der Zugewinnausgleichsbilanz unberücksichtigt bleiben soll. In der Praxis stellen sich jedoch erhebliche Probleme:

 

Rz. 90

Zunächst bedarf es einer präzisen Definition des nicht in die Zugewinnausgleichsbilanz einzubeziehenden Vermögens unter Berücksichtigung mutmaßlicher zukünftiger Entwicklungen. Mag in der Rückschau betrachtet das zum Anfangsvermögen des Unternehmers zählende, aber von der Bilanz auszunehmende Vermögen noch festzustellen sein, so lässt sich die zukünftige Struktur des betrieblichen Vermögens zu einem fernen Endvermögensstichtag nicht vorherbestimmen, sondern nur in abstrakten Klauseln erfassen.

Vorab stellt sich die Frage, ob (nur) ein bestimmtes Unternehmen von dem Ausschluss betroffen sein soll, oder jegliches Betriebsvermögen, an dem der Ehegatte jemals beteiligt ist. Bei einer engen Beschränkung des Ausschlusstatbestands auf ein bestimmtes Unternehmen können Auslegungsprobleme bereits dann entstehen,

wenn der Gegenstand des Unternehmens sich ändert
wenn die bisherige Rechtsform sich ändert
wenn das Unternehmen veräußert wird
wenn das Unternehmen fusioniert oder geteilt wird
wenn wesentliche Vermögensgegenstände ausgelagert werden, beispielsweise durch Betriebsaufspaltung.

Diese Auslegungsprobleme lassen sich durch eine gegenständlich weit gefasste Klausel vermeiden, die jedes betriebliche Vermögen, das mit dem zu schützenden Unternehmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht, erfasst.

 

Rz. 91

Sodann stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Unternehmer-Ehegatte aus dem Unternehmen entnommenes Privatvermögen dem Zugewinnausgleich unterstellen will. Für laufende Entnahmen, die zur privaten Vermögensbildung herangezogen werden, mag er die Frage bejahen, soweit sich nicht Besonderheiten daraus ergeben, dass dieses privatisierte Vermögen der eigenen Altersvorsorge dient. Wie soll aber die Frage für den Fall beantwortet werden, dass der Unternehmer sein Unternehmen verkauft und den Erlös am Kapitalmarkt anlegt, also in sein Privatvermögen überführt? Soll dann der Ehegatte über den Zugewinnausgleich an dem (re-)privatisierten Vermögen im Scheidungsfalle wieder partizipieren? Was ist umgekehrt mit einem dem Privatvermögen zuzurechnenden Darlehen, das der Unternehmer zum Erwerb des Unternehmens oder der Beteiligung daran erworben hat?

 

Rz. 92

Die unterschiedliche Behandlung von betrieblichem und privatem Vermögen im Zugewinnausgleich führt überdies zu Abgrenzungsproblemen: Betriebliches und privates Vermögen sind nicht immer leicht abzugrenzen, insbesondere im Bereich des gewillkürten Betriebsvermögens. Hier bestehen auch erhebliche Manipulationsmöglichkeiten, sei es durch eine Entnahmepraxis, die auf Vermeidung von Privatvermögen ausgerichtet ist, sei es durch Verlagerung von Privatvermögen ins Betriebsvermögen mit dem Ziel, zum Berechnungsstichtag hin möglichst viel Vermögen aus dem ausgleichungspflichtigen Privatvermögen heraus zu halten.[93]

 

Rz. 93

Die Beschränkung des Zugewinnausgleichs auf Privatvermögen kann zu erheblichen Verzerrungen führen, und zwar sowohl zum Nachteil des anderen Teils als auch des Unternehmers selbst:

Den anderen Teil benachteiligt es, wenn der Vermögenszuwachs des Unternehmer-Ehegatten im Betriebsvermögen gebunden ist, während der Vermögenszuwachs des anderen Ehegatten ausschließlich in seinem ausgleichungspflichtigen Privatvermögen stattfindet. Auf diese Art und Weise kann der Nicht-Unternehmer-Ehegatte ausgleichspflichtig werden, obwohl der Vermögens-Zugewinn des anderen Teils erheblich höher ist, aber im vertraglich privilegierten Betriebsvermögen gebunden ist.[94] Zu denken ist hier an Fallgestaltungen, in denen der Unternehmer bislang privates Vermögen in großem Umfang in sein Unternehmen investiert. Zu denken ist auch an Fälle, in denen der spätere Unternehmer schon zu Beginn der Ehe bereits über beträchtliches privates Anfangsvermögen verfügt, jedoch kein weiteres privates, sondern in erster Linie betrieblich gebundenes Vermögen hinzuerwirbt. Hier wird der andere Ehegatte, wenn er selbst Vermögen hinzuerwirbt, doppelt benachteiligt. Zum einen nimmt er an dem Aufbau des Betriebsvermögens über den Zugewinnausgleich nicht teil. Zum anderen wird er selbst dem Unternehmer-Ehegatten ausgleichsverpflichtet, wenn sein Hinzuerwerb dessen nicht betrieblichen Hinzuerwerb übersteigt. Der gegenständliche Ausschluss des Betriebsvermögens aus dem Zugewinnausgleich kann daher für den anderen Ehegatten mit größeren Nachteilen verbunden sein als der umfängliche wechselseitige Ausschluss des Zugewinnausgleichs in allen Fällen der Beendigung des Güterstands außer durch Tod.

 

Rz. 94

Den Unternehmer selbst kann der Ausschlu...

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